Gitarrist Dave Weld setzt in seiner Musik den harten Gitarrenblues der West Side von Chicago fort. Auch wenn er seit Jahrzehnten schon aktiv ist, ist er bislang häufig unter dem Radar hindurch geschlüpft. Aber mit seinem neuen Album „Slip Into A Dream“ sollte er endlich die verdiente Aufmerksamkeit erlangen.
 
Bei der Entwicklung des Chicagoblues spielte die Gegend der Stadt eine Rolle, in der man auftrat: Die meisten Clubs sich zunächst in der South Side, einem vor allem von Farbigen bewohnten Gebiet. Doch auch an der West Side, wo nur wenige von Schwarzen bewohnte Viertel lagen, entstanden einige Clubs. Und hier wurde der Blues oft rauher und heftiger gespielt als anderswo. Prägend waren hier etwa Slide-Gitarristen wie Hound Dog Taylor oder J.B. Hutto. Bei letzterem ging Dave Weld in die Schule und spielte auch mit Leuten seiner ehemaligen Band zusammen. 
 
Vorher hatte er allerdings Jazzgitarre studiert und mit Clarence Gatemouth Brown gejammt. Als er aber im Radio Howlin Wolf (zum Muddy Waters Zeiten dessen großer Konkurrent von der West Side Chicagos), zog er von New Mexico zurück in seine Geburtsstadt Chicago.
 
Nach vorherigen Bemerkungen nimmt es nicht wunder, dass der Albumtitel ein wenig wie eine Mogelpackung daherkommt: Hier gibt es keine leicht säuselnde Musik, die einen sanft in das Reich der Träume hinübergleiten lässt. Weld lässt seine Gitarre schneidend und schreiend erklingen, der Drummer setzt derartig harte Schläge, dass jeder Schlafversuch schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt wäre. Und dann ist da noch Blueslady Moncia Myhre, Welds Partnerin seit vielen Jahren, die mit ihrer rotzigen Stimme zuweilen gar an Koko Taylor erinnert. Ihr überlässt er die meiste Zeit den Platz am Mikrophon und macht damit keinen Fehler. Denn ihre Stimme und seine Gitarre stehen in derartigem Kontrast, dass es einem zeitweilig Gänsehaut den Rücken runterlaufen lässt.
 
Ein Kollege schrieb, „Slip Into A Dream“ sei ein Bluesrock-Album. Dem muss ich hier ausdrücklich widersprechen. Weld und seine Band spielen ganz traditionellen Chicagoblues der häterten Sorte. Hier swingen die Shuffles und rollen die Boogies – kein Anklang an rifflastige Rockorgien. Verwandtschaft könnte man höchstens in der rauhen Energie der Musik finden: Hart, heftig, ohne Politur und darum besonders wertvoll! (Delmarc)