CoverVon Zeit zu Zeit trifft man auf Alben und Künstler, die so gar nicht in das Raster zu passen scheinen, dass man sich im Laufe der Jahre zurecht gelegt hat. „Jungle Blues“ von dem in Australien lebenden C.W. Stoneking etwa könnte man als Mischung aus dem Hokumblues der 20 Jahre, dem frühen Jazz aus New Orleans und Tom Waits beschreiben.

 

„Dieser Typ ist schräg“, meinte eine Bekannte. Und sie hat in der Musikindustrie sicherlich schon ne menge schräger Typen erlebt. Wenn man sich das Video zum Titelsong seiner aktuellen CD „Jungle Blues“ anschaut, dann bekommt man vom Ausmas der Skurilität einen Eindruck: Hier wird ohne Rücksicht auf Verluste eine Musik zelebriert, deren Hochzeit eigentlich spätestens seit Beginn des Zweiten Weltkriegs vorbei ist: Stoneking spielt eine Mischung aus archaischem Countryblues (mit Jodeleinlagen!) auf seiner Resonatorgitarre oder dem Banjo. Und wenn er sich von seinem „The Primitive Horn Orchestra“ begleiten lässt, kommt da ein Kneipenjazzblues heraus, der auch von irgendwelchen unbekannten Schellacks vom Beginn des 20. Jahrhunderts stammen könnte. Und auch Calypso ist immer wieder zu hören, allerdings aus der Zeit, bevor er durch Harry Belafonte in die Hitparaden gebracht wurde.

Die Geschichte, die er in den Liner Notes seiner Platte erzählt ist mindestens genau so schräg. Da ist von einer Reise mit vier Wissenschaftlern nach West Afrika die Rede, die eigentlich der Erforschung eines unbekannten Wurmes dienen sollte. Dieser Parasit befällt die Augen von Menschen und lässt sie erblinden. Weil Stoneking bei einem Saufgelage in der Karibik die Wissenschaftler mit seinen alten Bluessongs unterhielt, haben sie ihn schließlich mitgenommen. Und das ganze habe dann in einem Schiffbruch geendet. Was davon war ist? Keine Ahnung. Ist aber auch nicht wichtig.

Die zehn Stücke von „Jungle Blues“ sind jedenfalls hauptsächlich afrikansichen Ereignissen gewidment, sprechenden Löwen etwa. Daneben gibt’s noch Blues aus dem Gefängnis, eine Würdigung des Mutes von General Douglas Mac Arthur beim Krieg gegen die Japaner auf den Phillipinen oder die Klage einer Hausfrau, dass sie mit den schreienden Gören zu Hause rumhängen muss, während ihr holder Mann mit seinen Freunden ausgeht, um sich zu besaufen.

Eine wirklich ausergewöhnliche Platte, die ihren Reiz bei jedem Hören noch steigern kann – denn mit so viel Liebe zum Detail und gleichzeitig so viel schrägem Humor hat lange niemand mehr diese uralten Blues- und Jazzstile mit aktuellen Liedern vereint.