In Chicago gelten die Cash Box Kings mit ihrem konservativen 50er-Jahre-Stil als heiße Neuentdeckung. Ihr aktuelles Album "Holler and Stomp" bringt neben eigenen und klassischen Bluessongs auch einige Country-Nummern etwa von Hank Williams.
Was für die Soulszene "Stax" oder "Motown" sind, ist für Blues "Chess" oder "Sun": Labels, die mit ihrem Sound und ihren Aufnahmen mehr als eine Generation prägten und noch immer beeinflussen. Die Cash Box Kings haben sich die Weitergabe dieses Sounds ebenso auf die Fahnen geschrieben wie den Delta Blues der Vorkriegszeit. Dies macht die Band um Harmonikaspieler Joe Nosek, Sänger Oscar Wilson und Schlagzeuger Kenny "Beedy Eyes" Smith (Sohn des kürzlich verstorbenen Willie "Big Eyes" Smith) allerdings nicht pur im Sinne einer historischen Aufführungspraxis sondern als lebendige Aufarbeitung und Weiterentwicklung dieses Erbes.
Ein gutes Beispiel dafür ist ihr aktuelles (bei Blind Pig erschienenes) Album "Holler & Stomp". Anstatt sich nur an den Stücken der großen Vorbilder zu messen, sind die meisten der zwölf Stücke von den Bandmitgliedern neu geschriebene Nummern. Und die orientieren sich diesmal an der Musik, die sich in den 50ern aus der Begegnung zwischen Blues und Country entwickelte. Während die ersten Stücke eher traditionell den Chicago-Blues zitieren, geht das Album im Fortgang immer mehr in Richtung eines bluesigen Country. Reizvoll etwa der "Tribute To The Black Lone Ranger", der die Klischees von einer rein weißen Country-Musik auf die Schippe nimmt. Oder der "Hayseed Strut", der gleichzeitig im Bluesclub oder beim Line-Dance funktionieren würde.
Die fünf Cover des Albums decken genau diese Spannbreite der Musik ab: Da finden sich Muddy Waters ("Feel Like Going Home") und Lightnin' Hopkins ("Katie Mae") neben Hank Williams ("Blues Come Around") und den Rolling Stones ("Off The Hook").
"Holler and Stomp" wurde – und hier ist man wieder der historischen Authentizität verpflichtet – bis auf einzelne Overdubs komplett live auf einer historischen 16-Spur-Maschine aufgenommen. Dies ist – und das hat die Geschichte der Plattenproduktion mittlerweile immer wieder gezeigt – die einzig angemessene Art, Blues und ähnliche Musik mit der ihr innewohnenden Frische und Energie an den Hörer weiter zu geben.