Album des Monats November 2014 in der „Wasser-Prawda“

Was macht ein Blues-Album großartig, einzigartig und herausragend? Für den Australier C.W. Stoneking kommt es weniger auf polierten Sound und instrumentale Meisterschaft an. Auch ohne sein Primitve Horn Orchestra, das noch auf „Jungle Blues“ für den Sound der 20er Jahre sorgte, klingt er 2014 wie ein aus der Zeit gefallener Botschafter vergangener Jahrhunderte.
 

Nominiert in der Kategorie „Blues (elektrisch)“ in der Leserumfrage „Best Blues 2014“

Die Gitarre schreit und kreischt, erinnert in ihrer Direktheit und scheinbaren Simplizität an Läufe von Sister Rosetta Tharpe. Auch der Gesang von C.W. Stoneking erinnert in seiner rauhen Expressivität an frühen Gospelblues. „How Long“ heißt der Song, mit dem „Gon‘ Boogaloo“ beginnt.

Gleich danach versetzt uns der Australier wieder in seine Lieblingsregion, den Dschungel, wo er vor den Zombies warnt. Auch der „Jungle Swing“ oder „I‘m The Jungle Man“ spielen in diesem Dschungel, der wenig mit tatsächlichen Regenwäldern der Gegenwart zu tun hat. Bei Stoneking ist der Dschungel eher eine Kombination aus Joseph Conrads Kongo im „Herz der Finsternis“ und der Welt von B-Movies der 50er Jahre. Der „Süden“ ist auch so ein Ort, der in der heutigen Realität nicht zu finden ist, sondern eher in verblassten Erinnerungen und alten Romanen. Wie auch sowieso diese Figur, die der Musiker darstellt mehr mit Literatur und Geschichte zu tun hat, als mit aktuellen Entwicklungen der Musik im 21. Jahrhundert. Mal scheint er die Wiederkehr der umherziehenden Musiker der Minstrel-Shows zu sein, mal eine Figur, die aus einem Roman von Faulkner entstanden sein könnte.

Musikalisch allerdings ist der C.W. Stoneking im Jahre 2014 höchstens noch mit Künstlern wie Reverend Peyton und – in geringerem Maße – mit Pokey LaFarge zu vergleichen. Hier wird die Musiktradition mit einer Liebe zum Detail wiederbelebt, die bis in scheinbare Ungereimtheiten oder Unsauberkeiten der Produktion reicht. Mit dem Vorgängeralbum „Jungle Blues“ stand Stoneking kurz vor einem Durchbruch in eine größere Bekanntheit. Er wurde in die Fernsehshow von Jools Holland eingeladen. Und Jack White wollte ihn überzeugen, bei seinem Label einige Singles zu produzieren. Das verschreckte ihn zunächst, und er zog sich zurück. Jetzt ist er zurück mit seinen Geschichten und verstört und fasziniert noch immer. Oder vielleicht noch mehr. Denn ob Gospel, Blues oder swingender Pop: Die spröde Gitarre und die scheinbar rumpelnde Produktion ist noch weniger zugänglich als der satte Sound des Vorgängeralbums.