Blues als Soundtrack für ein religiöses Historienspiel? Bei den historischen Klischees als "Musik des Teufels" ist das sicherlich eine absurde Wahl. Doch Hans Theessink zeigt, wie gut Bluessongs zu einem Stück wie Hoffnungsthals "Jedermann" passen.
Dass sich Bluesmen mit Fragen von Gott, Tod und Teufel beschäftigen, ist letztlich so alt wie diese Musik überhaupt. Auch wenn die Frömmler sich immer schon pikiert abwandten, wenn jemand zu als Sünde empfundenen Tanzvergnügungen aufspielte und dabei auch dem Alkohol und der freien oder käuflichen Liebe Vorschub leistete. Da kommen die niemals verstummten Gerüchte von Leuten, die ihre Seele dem Teufel verkauften, um den Blues spielen zu können, gerade recht als Begründung. Auch wenn sie meist – wie etwa bei Robert Johnson – jeglicher Grundlage entbehrten. Und wenn Sänger wie "Georgia Tom" öffentlichkeitswirksam Abschied vom Blues nahmen um fürderhin allem dem HERRN zu singen, dann wurden ihre Wurzeln zu häufig einfach dem Vergessen anheim gegeben. Erst langsam werden tief religiöse Bluessongs etwa von Blind Willie Johnson als genuine Bluesstücke wahr- und ernst genommen.
Da kommt ein Projekt wie das von Hannes Rossacher gerade recht. Für eine Dokumentation über 90 Jahre Aufführungsgeschichte von [[Hugo von Hoffmannsthal]]s "[[Jedermann]]" in Salzburg montierte er Ausschnitte der verschiedensten Inszenierungen zu einem "Jedermann Remixed". Und von Anfang an wollte er als Soundtrack dazu Songs etwa von den Rolling Stones und Johnny Cash haben. Und daher beauftragte er den seit langem in Wien lebenden Blueser [[Hans Theessink]] mit einem entsprechenden Soundtrack. Da "Jedermann Remixed" (noch?) nicht auf DVD vorliegt, kann hier nur auf diesen Soundtrack eingegangen werden.
Für jede der Figuren, die mit dem sterbenden reichen Mann ins Gespräch kommen, wurde ein eigener Song gesucht – der Jedermann selbst wird etwa durch Bo Diddleys "I'm A Man" eingeführt, die Buhlschaft durch "I Got A Woman" von Ray Charles, und der Auftritt des Todes wird untermalt durch "The Man Comes Around", das ja schon bei Johnny Cash zu einer Art Jüngstem Gericht im Song wurde. Einige Stücke stammen aus dem Repertoire von Theesink. Und "Mothers Advice" wurde mangels anderer Stücke über Mutterfiguren neu geschrieben.
Das ist musikalisch – wie bei Theesink nicht anders zu erwarten – eine sehr relaxte Angelegenheit geworden. Wo man bei Cash etwa auf seinen letzten Alben die Auseinandersetzung mit Tod, Sterben und Jüngstem Gericht fast schmerzhaft hören konnte, ist das hier eine fast schicksalhafte Ergebenheit in den Tod, der von Theesink und seinen Mitstreitern dargeboten wird. Sei es bei spartanischen Solonummern nur mit Stimme und Saiteninstrumenten von Theesink oder bei Auftritten mit seiner Band oder Gastmusikern wie der großartigen Meena Cryle – stets bleibt dieses zurückgenommene Spielen und Singen. Manchen Liedern kommt das entgegen – doch bei Stücken wie Tom Waits' "Way Down In The Hole" oder "Sympathy for the Devil" ist es zuviel Schönklang, der die Botschaft zukleistert. Hier wäre wesentlich mehr Härte und Kampf angesagt gewesen.