Wann kommt schon einmal eine derartige Legende wie GOV’T MULE (sie begehen nächstes Jahr ihr 20jähriges Bandjubiläum) in die Provinz und dann noch in den Osten dieser Republik! Da muss hin, wer etwas auf sich hält! Zumal auch in die Stadt, die vor etwas über 68 Jahren am Ende des Zweiten Weltkrieges internationale Berühmtheit erlangte, als sich am 25. April 1945 sowjetische und amerikanische Truppen an der Elbe bei der Stadt trafen und am 26. April 1945 dieses Ereignis für die Kameras auf der zerstörten Elbebrücke friedlich in Szene setzten, um diesem sinnlosen Kriegstreiben endlich den Garaus zu machen und in ewigen Frieden zu überführen.
GOV’T MULE am Freitag, den 19. Juli 2013, beim Open Air in der Kulturbastion zu Torgau.
Nicht weit entfernt vom Ort jener historischen Begegnung trafen sich erneut Amerikaner (oder um genau zu sein: 3 Texaner und 1 Schwede), um gemeinsam mit etwa 1.000 zumeist deutschen Fans nun im Sinne von Peace, Drugs (heute wohl eher dem normalen alkoholischen Getränk und Tabakwaren zugetan) and Rock’n’Roll dem Bluesrock zu huldigen. Und so wie in Torgau vorfindend, stelle ich mir optimaler weise ideale Live-Open-Air-Konzerte vor: strahlend blauer Abendhimmel, verträgliche Sommertemperaturen, ausgezeichnete sanitäre Bedingungen, Getränke- und Speisenorder ohne größere Wartezeiten, freundliches Personal, einen nahezu prallen Vollmond (der uns allen fast über die gesamte Konzertdistanz wohlwollend zuzulächeln scheint) u n d eine Kapelle vom Feinsten – GOV’T MULE eben! Und dieser Band eilt bekanntermaßen so einiges an Legenden zu ihrer Live-Präsenz voraus: 3stündige Konzerte, die von zahllosen Jamsessions geprägt sind oder sich nie wiederholende Setlists gleicher Rang- oder Reihenfolge. Die Band beherrscht nach Aussage ihres künstlerischen Leiters, Warren Haynes, etwa 150 verschiedene Songs. Letzteres ist für mich schwer beurteilbar, da ich die Band zum ersten Mal erlebe. Das sie jedoch an diesem Abend 3 Stunden spielen wird, bleibt eine Mähr. Denn nach 65 Minuten gönnt man sich einen 30minütigen Break, um dann mit dem zweiten Set -inklusive Zugaben- nochmals 85 Minuten draufzupacken. Mit jedoch noch immerhin 2 ½ Stunden werden Warren Haynes und Co. ihrem vorauseilenden Ruf der Überlängenband trotzdem in gewissem Maße gerecht! Gov’t Mule sind als eingespieltes Quartett eigentlich unschlagbar. Klar ist das von einem Warren Haynes –Allman Brothers Quereinsteiger- ohne jegliche Bedenken erwartbar. Was jedoch insbesondere die Rhythmsection – Matt Abts (Drums) und Jorgen Carlsson (Bassgitarre) – abliefert, ist punktuelles Zusammenspiel der High Class! Und ein Multiinstrumentalist wie Danny Louis rundet diesen 4er wohltuend und bewundernswert ab! Natürlich bildet Warren Haynes das Epizentrum von Gov’t Mule. Sein feinsinniges Guitarplay -mal zart, mal explosiv hemmungslos- und dieses Timbre in seiner großartigen Stimme – lassen mitunter ziemlich fassungslos zurück! Das ist wahre Kunst! Und dennoch könnte er ohne seine Mitstreiter nicht den Warren Haynes geben, den er mit dieser Band an beeindruckenden Freiräumen zum Jammen erhält! Großartig und doch manchmal bisweilen ein ganz klein wenig zu überzogen. Und das dieser Ausnahmegitarrist -immerhin wählte ihn der deutsche Ableger des „Rolling Stone“ unter die besten 25 auf diesem Planeten- so viele Menschen unterschiedlichster Musikgeschmäcker und Bandinteressen bei seinen Konzerten vereinen kann, spricht eindeutig für ihn. Nicht unausgesprochen darf bleiben, dass die Kulturbastion-Crew um Uwe Narkonat einen ausgezeichneten Job machte und damit das gemeine Konzertvolk mit ziemlicher Begeisterung kurz nach Mitternacht in ihre heimatlichen Gefilde entlassen konnte.
Recht hat er, der olle Holger. Das Konzert war Gänsehaut inclusive.