Christian Stöcker
Eine Geschichte der digitalen Welt vom C64 bis zu Twitter und Facebook
Paperback, Klappenbroschur, 320 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
ISBN: 978-3-421-04509-6
Eine der großen Erfolgs- oder Missbrauchsgeschichten des Internet sorgt gerade wieder einmal für Schlagzeilen. Bei WikiLeaks kann man mittlerweile die Tausenden Depeschen des Außenministeriums ohne sicherheitsrelevante Schwärzungen lesen. Und wer es schafft, sein Facebook-Profil so genau einzustellen, dass Party-Fotos eben nicht mehr von künftigen Chefs per Google-Suche gefunden werden können, gilt bei manchen Zeitgenossen inzwischen ebensoviel wie ein Mensch, der es vor 15 Jahren geschafft hat, seinen Videorecorder ordnungsgemäß zu programmieren.
Der Spiegel-Autor Christian Stöcker versucht in seinem Buch „Nerd Attack!“ nicht weniger, als die Geschichte dieser Jugend zu schreiben, für die die Kindheit letztlich mit ihrem ersten C64 endete und die damit das digitale Zeitalter einleiteten. Der C 64 mit seinen für damalige Zeiten revolutionären Möglichkeiten der Soundbearbeitung und der Programmierung steht für den Autor gleichzeitig am Anfang der bis heute noch nicht abgeschlossenen Debatte eines neuen Urheberrechts – und letztlich auch eines modernen Datenschutzes. Und – darauf kann Stöcker zu Recht nicht genug hinweisen: Von Anfang an ist die digitale Revolution auch eine Jugendbewegung, die bei Älteren oftmals auf Unverständnis oder Ablehnung stößt. Gerade bei der Debatte darüber, warum Deutschland bislang die Internetrevolution komplett verschlafen hat, wird das immer wieder deutlich: Quer durch die Parteien geht eine Vorstellung, dass man mit Verboten, mit Einschränkungen oder ähnlichen Mitteln Verhältnisse durchsetzen könnte, die der deutschen Regelungswut entsprechen. Doch gerade damit wird einer zukunftsfähigen Internetgestaltung immer wieder erfolgreich eine Bremse verpasst.
Wie stark inzwischen soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook zu einer politischen Organisation gerade junger Menschen beitragen, wird an Hand der Ereignisse in den arabischen Ländern kurz angerissen. Aber auch, wie in den USA im Gefolge des 11. Septembers digitale und sonstige Freiheitsrechte immer weiter abgebaut werden sollen. Dieses Spannungsfeld zwischen Emanzipation und Freiheit auf der einen Seite und wirtschaftlichen und politischen Monopolbestrebungen auf der anderen Seite kennzeichnet die gegenwärtige Lage ziemlich eindeutig. Und – das macht nicht nur Stoeckers sehr von persönlichen Erinnerungen geprägtes Buch lesbar und unterhaltsam deutlich – die Geschichte der digitalen Welt steht heute eben erst an ihrem Anfang. Und wenn man den zu sehr durch Regulierungen beeinflussen will, wird man ihn abtöten. Und das betrifft eben nicht nur Zensurbestrebungen etwa im Iran oder in China sondern eben auch die Regulierungsbemühungen, die westliche Politiker im Blick auf die Musikindustrie oder mit dem populären Thema Kinderpornografie immer wieder auf die Tagesordnungen heben.