Beim Bluesrock der Gegenwart gibt es mindestens zwei Fraktionen: Auf der einen Seite die riffgewaltigen Gitarren-Götter, die sich immer mehr im Rocksound verirren. Und dann gibt es die Musiker, die genau wissen, dass neben der technischen Perfektion an den sechs Saiten die Musik immer und vor allem auch Emotion haben muss. Hierzu gehört seit Jahren auch der britische Songwriter Aynsley Lister. Und sein 2016 erschienenes Album „Eyes Wide Open“ gehört mit zum Besten, was in Sachen Bluesrock in diesem Jahr auf den Markt gekommen ist.
Musik muss einen packen mit ihrer Energie und ihren Gefühlen. Ansonsten kann sie keine wirkliche Rolle spielen in meinem Leben. Oder auch im Laufe der Welt…
Zwölf ganz unterschiedliche Songs (und noch einen Bonustrack) hat Aynsley Lister auf „Eyes Wide Open“ versammelt, die jeder für sich diese Qualität haben. Nehmen wir etwa das fantastische „Il Grande Mafioso“, das von seinem akustischen Beginn an einen immer weiter in eine düstere und faszinierende Welt eines brutalen Gangsterfilms hineinzieht. Oder da sind die zwei Stücke am Anfang „All of your Love“ und „Everything I Have To Give“, zwei absolut eingängige Nummern, die den Blues auch wieder ins normale Radio bringen könnten und sich auch auf der großen Stadionbühne gut machen könnten, ohne dabei ihre Ehrlichkeit und Direktheit zu verspielen.
Daran ist natürlich auch die blitzsaubere Produktion Schuld: rauh und direkt, wo es sein muss aber immer auch ein wenig glatter als man es in einem verrauchten Kellerclub erwarten würde. Lister könnte mit „Eyes Wide Open“ auch jenseits der britischen Inseln einen Status erreichen, wie ihn etwa Joe Bonamassa hat. Wobei Lister wesentlich mehr ein Blues- und Soulman ist, als Bonamassa auf dem größten Teil seiner zahllosen Alben.