Alex Chilton mischt auf seinem 1995 erschienenen Album A Man Called Destruction Blues und Soul aus Memphis und New Orleans. Selbst Adriano Celentanos Lieder erhalten so ein völlig neues Aussehen.
Es gibt Platten, in denen ich mich sofort zu Hause fühle. Der Groove ist vertraut, die Songs klingen so, als hätte man sie schon vor Jahrzehnten gemocht, da ist einfach keine Spur von Revolution oder gewollter Hektik. Retro nennen das manche und meinen es als Schimpfwort. Ich gestehe: Für mich ist das zuweilen ein echtes Kompliment. Denn was nützt die Revolution, wenn sie unhörbar klingt und als einzige Reaktion einen spontanen Würgereflex auslöst? Alex Chiltons 1995 erschienene CD „A Man Called Destruction“ zählt für mich zu diesen Alben.
Die Songs: Blues, Bluesrock, Rock ’n‘ Roll, Rhythm & Blues (Klassiker von Jimmy Reed oder gar von Adriano Celentano! aber auch eine Menge von Chilton selbst geschriebene Titel) – der Sound eine angenehme Mischung aus Memphis und New Orleans. Keine Revolution sondern die Verwaltung eines reichen Erbes zweier Städte.
Chilton, geboren in Memphis, war schon in den 60ern mit den Box Tops („The Letter“) in den Hitparaden. Später war er Sänger und Songeschreiber bei Big Star. Und dann verfiel er mehr und mehr dem Alkohol, wurde als Sänger, Produzent und Typ eine Figur in der Boheme der New Yorker Punkszene um 1976. Und er steuerte immer mehr in Richtung Abgrund. Bis er der Flasche abschwor und wieder zurück in den Süden zog. Er belebte sein altes Label Ardent in Memphis neu, was er für Big Star gegründet hatte und zog nach New Orleans. Wo er auch die Gelassenheit des Südens verinnerlichte. Und das kommt auch auf „A Man Called Destruction“ voll zum Klingen. Von den Dämonen, die ihn früher gejagt haben, ist nicht mal mehr eine Andeutung zu hören. Da sind Stücke, die einfach relaxt sind. Ein Mann hat seinen Frieden gefunden und seine musikalische Nische, eine Ecke jenseits der Trends und Hitparaden. Aber eine, in der man gerne zu Gast ist. Und daran ändert auch sein Tod am 17. März 2010. nichts.