LogoIhr Lieben,

ich war letztens ganz schön überrascht, als Ingo mich fragte: Was ist eigentlich Buße? Ich war immer der festen Überzeugung, darüber hätten wir in den letzten Jahren schon viel zu oft gepredigt. Aber da muss ich mich geirrt haben. Und so ist es gut, dass am dritten Advent gerade einer der ganz großen Bußprediger der Bibel die Hauptperson ist: Johannes der Täufer.

Klar, über den Johannes haben wir schon oft geredet. Aber meist verkürzt man seine Geschichte darauf, dass er das Kommen Jesu ankündigte.

Aber wie er das machte, dass ist das Entscheidende – und da war er genau auf einer Wellenlänge mit Jesus. Denn beide predigten aus einer Überzeugung heraus: Das Reich Gottes ist ganz nahe – es ist nicht von uns getrennt durch lange Zeiträume – es ist nicht getrennt von uns durch riesige räumliche Entfernungen. Nein, es ist so nahe, dass jeder sich darauf einrichten sollte, mit ihm in Kontakt zu kommen.

Und das – so die feste Überzeugung nicht nur des Johannes – geht nicht, wenn wir so weiter dahin leben wie bisher. Tut Buße – so predigt Johannes. Und das heißt übersetzt nicht einfach bloß: bereut, was ihr falsch gemacht habt. Nein das heißt: Kehrt um! Kehrt um auf den richtigen Weg, kehrt um hin zu Gott. Und das heißt wiederum: Wichtig darf Euch nicht das sein, was Euch selbst wichtig ist, was Euer Leben schön und bequem macht. Nein: Umkehren zu Gott heißt eben auch: Umkehren hin zu den Menschen an Eurer Seite.

Ich lese euch den Predigttext aus dem 3. Kapitel des Lukasevangeliums:

1 Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war und Herodes Landesfürst von Galiläa und sein Bruder Philippus Landesfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis und Lysanias Landesfürst von Abilene,
2 als Hannas und Kaiphas Hohepriester waren, da geschah das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn des Zacharias, in der Wüste.
3 Und er kam in die ganze Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden,
4 wie geschrieben steht im Buch der Reden des Propheten Jesaja: »Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige eben!
5 Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ebener Weg werden.
6 Und alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen.«
7 Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Schlangenbrut, wer hat denn euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet?
8 Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße; und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken.
9 Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.
10 Und die Menge fragte ihn und sprach: Was sollen wir denn tun?
11 Er antwortete und sprach zu ihnen: Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer zu essen hat, tue ebenso.
12 Es kamen auch die Zöllner, um sich taufen zu lassen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun?
13 Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist!
14 Da fragten ihn auch die Soldaten und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemandem Gewalt oder Unrecht und lasst euch genügen an eurem Sold!

Ich hab mich im letzten Jahr immer wieder gefragt: Warum stelle ich mich eigentlich jeden Monat hin und halte eine Predigt. Denn oft waren wir ein jämmerlich kleiner Haufen. Und die, die noch gesagt hatten: klar komme ich, die waren mal wieder nicht da. Ich war darüber oft persönlich beileidigt. Ich war sauer. Und ich fragte mich immer wieder: Muss ich mir die Arbeit wirklich machen? Stehe ich nicht umsonst hier? Da redet man jahrelang immer wieder darüber, wie gut und wichtig und richtig es sein kann, sich für ein Leben mit Jesus zu entscheiden – und dann kommen sie einfach nicht mehr.

Ich war sauer. Jedenfalls solange, bis ich mich dann auf die konzentriert hab, die unerwartet zum Gottesdienst gekommen waren.

Und das wäre wahrscheinlich genau das, was mir Johannes gesagt hätte auf die Frage: Was sollen wir tun?

Er sagt es den Einzelnen: Kümmert Euch nicht um Euch, sondern um die, mit denen ihr lebt. Gebt ab, von dem, was ihr reichlich habt. Und rafft nicht privat Dinge an, indem ihr eure Macht ausnutzt.

Also: Raimund – kümmere Dich nicht um Deine Eitelkeit, sondern predige so, dass Du wirklich die Bibel ins Zentrum stellst – und nicht deine Vorstellungen von dem, was Du gerne in ihr lesen möchtest.

Gottes Reich ist ganz nahe – und wenn Du nur nach Deinem Vorteil schaust, gehst du nicht nur selbst dran vorbei, nein: Du verstellst damit auch anderen den Weg dorthin. Tu Buße – kehr um hin zu Gott und hin zu den anderen. Befreie Dich von Deiner Eitelkeit und höre zu auf die Fragen, suche mit den Menschen nach Antworten.

Mach den Leuten klar: Diese Welt mit ihrem Reichtum, ihrer Bequemlichkeit – aber auch mit ihren Sorgen, Nöten und Ängsten – Diese Welt ist nicht das Endgültige. Diese Welt ist nicht das Einzige, was wir haben. Gott will uns nahe kommen. Er will unsere Welt verändern, verwandeln, ganz neu und vollkommen machen. Danach sollen wir Ausschau halten. Darauf sollen wir hinweisen. Zu ihm sollen wir einladen.

Raimund – dafür musst Du Dein Leben ändern. Wenn Du nur auf Dich schaust – dann bringst Du keine Frucht. Dann bist Du nutzlos. Dann ist für Dich in dieser neuen Welt kein Platz.

Es ist ganz, ganz wichtig, zu hören, was Johannes, der Prediger des Endes, auf diese Frage hier antwortet: „Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer zu essen hat, tue ebenso.“ Zu den Zöllnern sagt er: „Fordert nicht mehr, als vorgeschrieben ist!“ Sogar den Soldaten erlaubt er, ihr Kriegshandwerk weiter zu tun, nur dies sagt er: „Tut niemand Gewalt oder Unrecht und lasst euch genügen an eurem Sold!“ Wie zu unserer Miliz gesagt! Von niemandem wird etwas Besonderes erwartet, nur dies, dass er anständig seine Arbeit tue! Das Ende der Welt steht bevor, und von niemandem wird etwas Besonderes verlangt: Jeder bleibe in seinem Stande, nur da – bitte anständig, menschlich, verantwortungsbewusst leben und arbeiten!

Das sind tolle Worte: Kein großes Theater machen, nicht weglaufen, keine Revolution, keine besonderen Kirchen und Gemeinden gründen, nicht sich und andere verrückt machen, sondern Liebe, Gerechtigkeit, Erbarmen, Verantwortungsbewusstsein, Treue, Geduld… – ich merke, ich bin dabei, lauter Tugenden aufzuzählen. Aber schaut mal, was Paulus und andere im zweiten Teil ihrer Briefe machen, die tun auch nichts anderes als zu beschreiben, wie menschliches, anständiges, vernünftiges Leben aussieht. Und das tun sie im Angesicht des Endes!

Das Ende der Welt steht bevor. Christus kommt. WAS SOLLEN WIR DENN TUN?  Gar nichts anderes als sich IHM zuwenden, anständig leben, Inseln der Menschlichkeit im Meer dieser Welt schaffen, bis dass ER kommt.
Amen.