Als Songwriter und Gitarrist hat es Trevor Sewell in den letzte Jahren geschafft, in den USA noch populärer zu werden als in seiner britischen Heimat. Und mit seinem neuesten Album „Calling Nashville“ hat er eine musikalische Reise quer durch die amerikanische Musik zwischen Rock, Blues und Country bis hin zum Gospel unternommen. Zu Gast im Studio waren dabei unter anderem Janis Ian (voc, p) und Tracy Nelson.

Americana ist in den letzten Jahren immer mehr zu einem Hipster-Ausdruck für Countryrock, puren Country und ähnliches geworden. Doch eigentlich sollte der Begriff die ganze Vielfalt der Stile genuin amerikanischer Popmusik umfassen. Electric Flag, jene legendäre Band, umschrieb ihr Konzept in den frühen 70ern mit „Great American Music“. Und genau das könnte man auch als Konzept hinter „Calling Nashville“ sehen.

Das Album mit elf Songs von Trevor Sewell geht mit „Someday“, einem wilden Country-Blues-Rocker samt Fiddle los. Dann knallt die Gitarre ein knochentrockenes Riff raus, während Sewell und seine Backgroundsängerinnen mit ihrem Call-and-Response-Einlagen auch gut in einem Sonntagsgottesdienst auftreten könnten. Die Botschaft passt genau auch dahin: Irgendwann werden wir die Ketten zerbrechen und ein Leben führen, das von gegenseitigem Respekt und Harmonie geprägt ist.

„Mountain of Gold“ ist eine Rockballade irgendwo zwischen Mark Knopfler und Chris Rea – auch wenn manche Kritiker in Sewells Stimme hier Anklänge an Tom Waits hören möchten. Bei „Blanket of Hope“ ist auch eine Menge Respekt vor Bruce Springsteen in Musik und Storytelling zu erkennen.
In „Fade To Grey“ herrschen dagegen jazzige Klänge vor. Das Duett mit Janis Ian ist mit über sieben Minuten Länge einer der Höhepunkte des Albums. Fantastisch wie sich Ian und Sewell umschmeicheln mit ihren Stimmen. Ians Piano setzt sie Akzente in der Begleitung, während Sewells Gitarre meist nur kurze Akkorde einwirft. Eine ganz andere Duettpartnerin ist Tracy Nelson, die Sewell in der bluesigen Ballade mit ihrer Powerstimme Paroli bietet.

Die Rocker unter den Hörern werden wahrscheinlich eher Stücke wie „Stand Next to Him“ oder „You Ain’t What I’m Looking For“ bevorzugen. Doch auch hier hält sich Sewell fern von Klischees. Da bricht die Fiddle den Rocksound auf, kommt das Country-Feeling gefiltert durch eine gehörige Dosis Blues zum Strahlen.

Der Untertitel ist passend wie selten: „Calling Nashville“ ist tatsächlich ein Americana Adventure. Hier kommen Blues, Country, Rock und Gospel zusammen, ohne dass es konstruiert oder gekünstelt wirkt. Denn Sewell hat sich nicht nur die passenden Begleiter ins Studio geholt dafür. Sondern er hat auch fantastische Songs geschrieben, die dieses Abenteuer zu einem Erlebenis macht, von dem man gern anderen erzählt.