In den 60er Jahren sang Tracy Nelson mit Mother Earth in San Francisco und Nashville Blues und Country. Heute zählt die Sängerin zu den wichtigsten weißen Interpretinnen des Blues. Auf ihrem aktuellen Album "Victim of the Blues" interpretiert sie vorwiegend Klassiker des Chicago Blues.
Manche Journalisten nennen Tracy Nelson die Queen der Musik, die man heute Americana nennt. Das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass sie 1974 gemeinsam mit Willie Nelson für den Song "After The Fire Is Gone" einen Grammy bekam und auch sonst häufiger mit Country-Platten in Erscheinung trat. Doch eigentlich kommt die 1944 geborene Sängerin vom Blues her und nennt Ma Rainey als die große Inspiration für ihre Art zu singen. Viel lernte sie in Chicago von Musikern wie Howlin Wolf und Muddy Waters. Und als sie 1964 ihr erstes Soloalbum einspielte, gehörte unter anderem Charlie Musselwhite zu ihrer Band.
Heute ist dieser mittlerweile klassisch zu nennende Chicago-Blues für Nelson eine Musik, die in Vergessenheit zu geraten droht. Und dagegen will sie mit "Victim of the Blues" ansingen. Das Album vereint unter anderem Lieder von Jimmy Reed, Howlin Wolf und Otis Spann und Ma Rainey. Doch anstatt diese im rockenden und harten Stil der 50er Jahre historisch "korrekt" nachzuspielen ist die Platte voller überraschender souliger Neuinterpretationen. Verantwortlich dafür ist die unvergleichlich kraftvolle Stimme von Nelson, die so singt, als hätte sie ihre Kindheit in schwarzen Gospelchören und ihre Jugend irgendwo zwischen Memphis und den Atlantic-Studios verbracht. Doch selbst damit gelingt ihr eine Hommage an die Hauptstadt des Blues, die von Anfang bis Ende keine wirklichen Schwachstellen dafür umso mehr Momente atemberaubender Schönheit hat.
"Victim of the Blues" erscheint am 29. April bei Delta Groove/in-akustik.