Wenn „Heavy Soul“ mit dem durch Leadbelly bekanntgewordenen „Gallis Pole“ beginnt, dürften Bluespuristen gleich aufmerken: Hier hat jemand den Blues- und Rootssound mit Electronics aufgepimpt und erweitert. Und das passiert auf dem neuen Album des Songwriters häufiger. Doch wer jetzt Verrat an der handgemachten Musik schreien möchte, sei beruhigt: Timo Gross ist seiner Musik zwischen Blues, Bluesrock und Americana absolut treu geblieben. Und die elektronischen Hilfsmittel werden äußerst gekonnt zur atmosphärischen Untermalung der Songs eingesetzt und werden niemals als selbstverliebte Spielerei in den Vordergrund geschoben. Nein, es geht Gross wie immer eigentlich um die Geschichten, die zu erzählen sind.
Wobei der Albumtitel nach Aussage von Gross nicht nur auf die schwere und bedrückte Seele sondern gleichzeitig auch auf deren Kraft verweisen soll. Und so ruft der Songwriter etwa in „Why“ zu mehr Mitmenschlichkeit und Respekt auf, erzählt aus der Position der Protagonisten über den irischen Bürgerkrieg („Spanish Boots“), verweist drauf, dass die Zeiten doch nicht so hart sind. Und natürlich kommen auch die klassischen Themen von Blues und Americana nicht zu kurz.
Den größten Teil der Instrumente hat Gross selbst eingespielt. Dadurch ist das Album oftmals reduziert und überzeugt durch seine trockene und bluesige Atmosphäre. Und die Gastmusiker haben gute Gelegenheit, ihre eigene Note zu den Songs beizusteuern. Nur bei „One Way Ticket“ wird der Sound opulent: Hier gibt es New Orleans Groove mit Bläsern und Hammondorgel. Und für „Why“ hat sich Gross gleich einen ganzen Chor von Backgroundsängern auf die Bühne geholt.
Auch wer dem Einsatz von Electronics im Blues skeptisch gegenüberstehen sollte, muss anerkennen, dass „Heavy Soul“ ein äußerst gelungenes und epfehlenswertes Album ist. Kollegen bezeichneten es gar als kleines Meisterwerk. Und damit haben sie wirklich recht.