In den 50 Jahren ihres Bestehens haben The Chieftains im Prinzip nachgewiesen, dass so ziemlich jede Folkmusik in den Vereinigten Staaten irgendwie von der Musik Irlands beeinflusst wurde. Für ihr Jubiläumsalbum „Voice of Ages“ haben sie sich Mitstreiter aus Independent-Rock ebenso eingeladen wie Vertreter aus der jüngeren Americana-Szene. Produziert hat das Ganze T-Bone Burnett.
Nein, hier ist nichts revolutionär, auch wenn manche Journalisten das behauptet haben. Schon immer haben die Chieftains sich verwandte Seelen ins Studio eingeladen, um mit ihnen eine musikalische Party zu feiern. Ob das nun die Rolling Stones, Mark Knopfler, Ry Cooder und Van Morrison waren oder die gesamte Bluegrass- und Country-Elite von Nashville: Wenn Paddy Malony und die Seinen einladen, dann wird jede Musik auf ihre irischen Wurzeln hin untersucht und interpretiert. Und wenn jetzt zum 50jährigen Bandjubiläum unter anderem Bon Iver, The Secret Sisters, The Low Anthem oder Imelda May im Studio waren, dann ist das nicht anders. Nur dass eben der Respekt vor den Chieftains bei manchen der Gästen zu groß war, um wirklich befreit aufzuspielen. Bon Ivers Version der Ballade „Down In The Willow Garden“ ist einfach nur langweilig geraten. Dafür aber gibt es überraschende Höhepunkte, wenn etwa The Decemberists Bob Dylans „When The Ship Comes In“ anstimmen, dann fühlt man sich in irgendeine irische Kneipe in der New Yorker Folkszene der frühen 60er zurückversetzt.Insgesamt könnte man „Voice of Ages“ als Fortsetzung von den Nashville-Sessions „Down The Old Plank Road“ betrachten. Auch hier liegt – trotz des Indi-Rock-Anteils – der Schwerpunkt eindeutig auf Country und Bluegrass-Klängen, was sich besonders bei den Vocal-Gruppen wie den Sweetback Sisters oder den Pistol Annies zeigt: Der Harmonie-Gesang dieser passt einfach traumhaft zu den traditionellen irischen Begleitungen.
Den Abschluss des Albums bilden drei völlig unterschiedliche und doch jeweils erwähnenswerte Nummern. „The Chieftains Reunion“ ist ein elfminütiger Jam, bei dem Malony nochmals von den noch lebenden Gründungsmitgliedern Michael Tubridy an der Flöte und Tin-Whistler Sean Potts begleitet wird. Das ist eine mitreißende Reise durch traditionelle Jigs, Reels und Songs aus Irland. Für „The Chieftains in Orbit“ hatte sich die Astronautin Cady Coleman von den Chieftains eine Whistle ausgeborgt und mit zur ISS genommen. Ihre dort eingespielte Flötenmelodie wird dann von der Band aufgenommen und mit Harfe und Flöte komplettiert. Musikalisch sehr schön und damit mehr als ein purer Geburtstagsgag. Mit dem Bonustrack „Lundu“ wird dann klar, wie rockig das Album auch hätte werden können: Carlos Nunez aus Galizien hat mit seinen Familienmitgliedern eine rauhe und rockende Melodie eingespielt, die sogar vor der Verwendung von Loops nicht zurückschreckt. Und das ganze wird dann von den Chieftains aufgenommen und in einer Intensität weitergeführt, die manchen Stücken des Albums fehlt. Ein wenig fühlt man sich dabei an „The Rocking Road To Dublin“ erinnert, bei dem die Chieftains und die kompletten Rolling Stones damals scheinbar endlos jammten: Spielfreude, Jugendlichkeit und einfach Lust an der Party ohne Angst vor einem Kater am nächsten Morgen. Insgesamt ist „Voice of Ages“ ein gutes Album. Wären manche Stücke nicht einfach zu brav, dann wäre es großartig geworden. Aber wie soll man den jungen Musikern beibringen, dass zuviel Respekt der Spielfreude im Weg stehen kann?