Ob mit der akustischen Gitarre im Duo mit einem Harpspieler oder als Boss einer Blues-Big-Band mit seiner E-Gitarre: Für Phillip Walker war das eigentlich egal. Denn er konnte so ziemlich in jedem Stil spielen. Und im Laufe seiner langen Karriere hat er das auch gemacht. In seinem Spiel verband er die Bluesmusik von Ost-Texas und Louisiana mit Cajun, Jazz und Swing.
Geboren wurde Phiilip Walker am 11. Februar 1937 in Welsh, Louisiana als siebentes von elf Kindern. Seine Eltern waren kleine Pächter (sharecroppers), die selbst schon als Kinder verheiratet waren. Als er acht war, zog die Familie nach Port Arthur in Texas, wo später auch Janis Joplin den Blues bekam. Als sein Vater dann erkrankte, da brach Phillip bald die Schule ab. Denn schon als Kind interessierte er sich sehr für Musik. Was auch kein Wunder war, da die Brüder seiner Mutter alle in den 20er und 30er Jahren in Bands gespielt hatten und oft zum Musikmachen vorbeikamen. (Zu der Familie gehört im Übrigen auch Clarence „Gatemouth“ Brown als entfernter Cousin.)
Das Gitarrespielen brachte er sich auf einem selbstgebastelten Instrument bei. Als Saiten auf der Zigarrenkisten-Gitarre verwendete er dünnen Draht vom Fliegengittter der Fenster.
Schon als 15jähriger saß er in den lokalen Bluesschuppen und hörte den dort auftretenden Musikern zu. Als Begleiter von Roscoe Gordon war er 1952 erstmals in einem Plattenstudio. Von da ab spielte er häufig mit dem Swamp-Blueser Lonesome Sundown, Long John Hunter und Lonnie Brooks zusammen. Und er ging mit dem Zydeco-Star Clifton Chenier auf Tour, der ihm seine erste echte Gitarre gegeben hatte. Als Teil einer großen Rhythm & Blues-Revue, zu der zeitweise Etta James, Lowell Fulson, Little Richard und Jimmy Reed gehörten, lernte er so ziemlich sämtliche Bluesclubs, Theater und Bars des Südens kennen.
Mit 16 Jahren kam er erstmals mit Chenier nach Kalifornien. Und als dort die Band wegen Meinungsverschiedenheiten auseinanderfiel, mussten die beiden die vereinbarten Konzerte als Duo spielen – The Show must go on…Und da Walker das Klima in Kalifornien gefiel, blieb er dort, gründete die Blue Eagles Band, die mit Fats Domino und Little Richard 1955 auf Tour ging. Schließlich tat er sich mit der Sängerin und Songwriterin Bea Bopp (Ina Beatrice Gilkey) zusammen und nahm mit ihr auch einige gemeinsame Songs auf. Doch es dauerte bis 1973, dass Walker ein Soloalbum veröffentlichen konnte. „The Bottom of the Top“ erschien auf dem Playboy-Label von Hugh Heffner, was allerdings schon bald wieder vom Markt verschwand. Doch die Kritik begann ihn endlich als hervorragenden Gitarristen wahrzunehmen. Dies setzte sich mit den folgenden Alben wie „Someday You’ll Have These Blues“ fort. Und so konnte er ab Ende der 70er Jahre auch durch Europa und andere Teile der Welt touren. Im Studio war er weiterhin ein gefragter Sideman etwa für Percy Mafield und nahm bis in die 80er Jahre auch regelmäßig Alben auf.
Doch persönlich ging es Walker in diesen Jahren oft nicht gut. Erst starb sein einziger Sohn. Dann bekam seine Frau und Kompositionspartnerin Bea Lungenkrebs ohne je geraucht zu haben. Und Plattenlabel wie Black Top, bei denen er unter Vertrag war, gingen pleite und konnten fertige Alben nicht mehr veröffentlichen. Schon mit 50 Jahren hatte Walker sich vom endlosen Touren verabschieden wollen. Doch dazu kam es letztlich nie, weil ja irgendwie die Rechnungen bezahlt werden mussten. Noch im Herbst 2009 war er auf einer Tournee durch Südafrika.
Seinen größten Erfolg erreichte Walker mit dem Album „Lonestar Shootout“, für das er gemeinsam mit seinen texanischen Kollegen Long John Hunter und Lonnie Brooks ins Studio ging und für das er 1999 den Blues Music Award erhielt. Sein letztes Album „Going Back Home“ erschien 2007 beim kalifornischen Blues-Label Delta Groove Records.
Am 22. Juli 2010 starb er in Palm Springs an Herzschwäche.