Es gibt Alben, die immer wieder auf den Bestenlisten der Journalisten auftauchen. Das 1965 erschienene „Otis Blue: Otis Redding Sings Soul“ gehört dazu, ob zu den 100 wichtigsten Alben der Popgeschichte oder wie auch immer die Listen heißen mögen.
Im Anfang war Soulmusik vor allem eine auf Singles veröffentlichte Musik. Erst später wurde auch hier das Album als eine eigenständige Form – und nicht nur als Zweitverwertung der Hits – angesehen. Otis Blue ist daher zwar Reddings drittes Album, aber das erste, das von vornherein als LP geplant war. Aufgenommen wurden die Stücke bei zwei Sessions im Frühjahr und Sommer 1965. Im Studio waren neben der Stax-Rhythmusgruppe um Steve Cropper auch Isaac Hayes an den Tasten und die Mar-Kays, die damals Otis Begleitband waren.
Musikalisch bietet die LP ein Panorama, das die stimmlichen Fähigkeiten von Redding von sanften Balladen bis zum rockenden Soul komplett abdecken konnte. So sind drei Stücke der Platte von Reddings großem Vorbild Sam Cooke, der im Jahr zuvor verstorben war. Und Otis zeigt bei „Shake“ oder „A Change Is Gonna Come“, dass er längst vom Nachahmer zu einem großen Interpreten geworden war. Auch „Satisfaction“ der Stones sang er derartig furios, dass in manchen Kreisen der Verdacht aufkam, die Stones hätten das Stück von ihm geklaut. Anders herum passierte es mit einem der anderen Titel der Platte: „Respect“ verbindet heute jeder sofort und ohne Nachdenken mit Aretha Franklin, obwohl es von Redding geschrieben und zuerst aufgenommen worden war. Eine so komplette und durchweg großartige Sammlung von Soulnummern findet man selten in der Musikgeschichte. Und so ist es kein Wunder, dass bei jeder neuen Runde von Journalistenumfragen Otis Blue wieder irgendwo in den Top 100 auftauchen wird.