Der Bass ist verzerrt, die Gitarre jault durchs Wah-Wah-Pedal und statt einer Mundharmonika lässt sich manchmal ein Free-Jazz-Saxophonsolo hören. Manche Alben muss die Kritik einfach hassen. Electric Mud, das 1968er Album von Muddy Waters gehört dazu.
Dabei verkaufte sich die LP – für ein Bluesalbum erstaunlich – rund 200.000 Mal. Für den so langsam in Vergessenheit geratenden Blueser ein willkommener Antrieb für seine Karriere. Marshall Chess, Produzent der Platte, hatte sein Ziel erreicht, Waters trat danach in den Musiktempeln der weißen Hippies auf. Die Kritik aber schrieb den Meister gleich ganz ab. Verrat an der reinen Lehre der 12 Takte!
Dabei ist Muddy Waters eigentlich der gleiche geblieben. Er singt seine Lieder aus der Vergangenheit (Mannish Boy, Hoochie Coochie Man,…) und adoptiert einen Song der Rolling Stones (Let's Spend The Night Together) derartig, das klar wird, dass immer noch er mehr Sexappeal ausstrahlt als Mick Jagger. Seine Studioband sind kompetente Musiker, die später im Jazz landen, teilweise sogar in Bands von Miles Davis.
Mit dem wenig später veröffentlichten "Fathers & Sons" versöhnte sich die Kritik wieder mit Waters. Da war allerdings auch traditionelles Bluesspiel angesagt. Electric Mud hat seine Wirkung erst im Nachhinein wirklich entfaltet. Gerade für die aktuelle Hip-Hop-Generation ist die Platte ein großes Vorbild. Dass diese jungen Menschen dadurch überhaupt noch Blues hören, allein dafür müsste man Muddy heilig sprechen.