Zwischen Johnny Winter und Robert Cray, Luther Allison und Hond Dog Taylor liegen die Einflüsse im Gitarrenspiel von Lee Delray. Doch seine Songs auf dem selbstproduzierten Album „570-Blues“ erzählen noch von viel mehr: Von der Gewalt auf den Straßen New Yorks, vom Leben in der Stadt und dem Kampf ums Überleben als ein Musiker.
„Erzähl mir nicht, ich könne nicht den Blues bekommen“ meint Lee Delray. Und dann erzählt er Stories von den Straßen der Stadt, von der Gewalt, die er dort erlebt hat, von Schlägereien, vom Kampf als Straßenmusiker, vom Herumhängen mit den Black Panthers. Was ist all das, wenn nicht ein Leben, wo man den Blues bekommt? Was ist dagegen das Baumwollpflücken? Ehrlich: heute ist das nur noch eine ferne Erinnerung aus den Geschichten der Großeltern. Der Blues ist längst überall zu Hause und macht keine Unterschiede zwischen Hautfarben. – Ein Song, der allein den Kauf dieses Albums lohnt. So sollte man im 21. Jahrhundert den Blues singen – ohne falsche Mythen, direkt und realistisch, brutal und zärtlich.
Lee Delray stammt eigentlich aus Florida, lebt aber seit seiner Kindheit in New York (genauer lebte er lange auf Staten Island). Und dort, fernab von den Hochglanzansichten des Times Square, mitten drin im Vergnügungsviertel normaler Menschen, zwischen Tupperparties der Mütter und jugendlichen Gangträumen. Und hier sieht er eine der Wurzeln für seinen Blues. Eine andere sind die regelmäßigen Konzerte von Pete Seeger, zu denen ihn sein Vater immer mitnahm. Hier lernte er, was es bedeutet, für und mit Menschen Musik zu machen. Wobei Musik anfangs alles zwischen Punkt, Rock & Roll und Country war. Bis irgendwann ein Freund ihm ein Muddy Waters Album schenkte.
Heute hat Delray – seit 1998 leitet er in New York seine eigene Band – einen Bluessound gefunden, der mal rockig, mal soulig und voller Funk ist. Aber er ist niemals aufgesetzt und prätentiös. Im Zentrum stehen die Geschichten, die er erzählt. Und seine Gitarre, die singen kann wie die von Robert Cray und zubeißen kann wie die von Hound Dog Taylor. Das ist eine Mixtur, die Spaß macht. Und „570-Blues“ ist insofern eine echte Entdeckung und eine Empfehlung wert.