Kelly Joe Phelps hat ein Album aufgenommen, das das mit den direktesten Texten über den Glauben von einem normalen Künstler sein dürfte seit Bob Dylan‘s „Slow Train Coming“. Die Musik ist großartig, mit dem synkopierten Picking, das wir von Kelly Joe erwarten und ein wenig geschmackvollen Bottleneck Slide, das alles wird mit bluesigen oder folkigen Songs serviert, voller Melodie, Gefühl und einer beträchtlichen Menge ,,, nun ja: Gnade. Kelly Joe‘s Gesang ist voller Seele und immer bewegend und insgesamt hat man den Eindruck von jemandem, der eine reiche Ader der Kreativität und der Begeisterung für das Leben entdeckt hat.
Das Album „Brother Sinner and the Whale“ ist vom Titel her inspiriert vom biblischen Jonabuch, auch wenn nur ein Song (das eine von zwei wundervollen Instrumentals) ausdrücklich auf die Jonageschichte verweist (im Titel „Spit Me Outta the Whale“). Jona ist das Buch in der Bibel (nur um dem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen), in dem der Prophet von Gott den Auftrag erhält, nach Ninive, der Hauptstadt Assyriens, zu gehen und dort zu predigen. Jona sperrt sich dagegen und rennt davon, indem er Zuflucht auf einem Schiff sucht. Ein schrecklicher Sturm kommt auf, und Jona, der weiß, dass das Gott ist, der ihn verfolgt, wirft sich ins Meer, um das Leben seiner Schiffskameraden zu retten. Er wird von einem riesigen Fisch verschluckt, der Jona anschließend sicher auf trockenem Land ausspuckt. Woraufhin Jona nach Ninive zieht, um Gottes Wort zu verkünden. Die Geschichte ist eine großartige, sie spricht von Gottes Vorsehung und Liebe für alle, nicht nur für eine einzelne Gruppe von Menschen.
Der Gedanke, wie jemand vor Gott wegläuft, aber gerettet und zurück auf den rechten Weg gebracht wird, zieht sich deutlich durch das Album, welches offensichtlich biografisch wie auch ein Bekenntnis zu sein scheint. So ist etwa in „Goodbye to Sorrow“ das Kind, das verloren ging und keine Heimat hatte am Ende „erlöst“ und „reingewaschen“. In „Pilgrims Reach“ spricht Phelps davon, wieder den falschen Weg zu gehen, hinunter vom Kalvarienberg sofort wieder hinein in die Sünde. In „I‘ve been converted“ singt er „When I was a sinner … a voice came from heaven and said saying: I will show you the way“. Das Ergebnis ist: „Ich weiß, ich wurde schon umgewandelt – und Sie?“ Und dann hören wir in „Down to the Praying Ground“ von „so vielen Jahren tot auf dem Hohlweg“, doch glücklicherweise hat „eine heilige Macht meine Seele für Gott festgehalten“. In einem Interview meinte Phelps letztens: „Ich war an einem Platz angekommen, wo ich zu versinken begann. Ich musste etwas tun, sonst wäre mein Kopf explodiert oder mein Herz hätte aufgehört zu schlagen.“ Glaube bedeute nicht, dass das Leben aufhöre hart zu sein oder sich etwa in seiner Intensität ändere. „Er bedeutet, dass sich dein Fokus verschiebt, wie du damit umgehst oder das Leben verstehst. Sehr wenige Dinge werden sich warhscheinlich über Nacht ändern.“ Sehr treffend illustriert er das in „Hard Times Have Never Gone Away“. Aber selbst in diesem Song scheint die Hoffnung durch am Ende, auch wenn „Kummer und Traurigkeit … darauf zählen, ihr Leben durch meine Vergangenheit zu definieren.“ Phelps sucht nach Erlösung: „Come now, Great Redeemer, heal me up at last“.
Der Sinn von Gottes Fürsorge und Vorsehung scheint hell durch das Album – „Hope in the Lord to Provide“ zeigt eine stille Gewissheit auf Gottes Hilfe und Hoffnung auf das „gelobte Land“, egal ob es Tage gibt, wo einen nichts am Niedergang hindern kann. Und dann gibt es noch Phelps‘ herrliche Überarbeitung der alten walisischen Hymne „Guide Me O Thou Great Jehovah“, die Leitung durch Gottes starke Hand, den Schutz duch „meine Stärke und mein Schild“ und eine sichere Passage nach Kanaan zum Schluss verheißt.
Gospel Blues war ein andauernder roter Faden in der Bluesgeschichte seit den Tagen von Blind Willie Johnson. Phelps hat zu diesem Kanon ein meisterhaftes, durchdachtes und fröhliches Werk hinzugefügt. Textlich und musikalisch ist das wahrscheinlich das beste Album, dass er bislang gemacht hat, voller Schönheit, mitreißender Melodien, großartigen Gitarren und umwerfendem Gesang. Das Album sollte man auflegen, wenn man ein wenig geistliche Inspiration braucht – oder einfach wenn man gute Musik liebt.