Für „Memphis Grease“ hatte Sänger/Harpspieler einen Blues Music Award für das beste Soul Blues Album erhalten. Jetzt veröffentlicht John Nemeth mit „Feelin Freaky“ den Nachfolger. Eingespielt mit seiner langjährigen Tourband The Blue Dreamers und produziert von Luther Dickinson (North Mississippi Allstars) ist das eine Produktion, die einerseits wieder absolut tanzbaren Soul und Funk mit jeder Menge Blues enthält, die gleichzeitig aber auch Kommentare über gesellschaftliche Fragen wie Waffenwahn, Denkverbote und ähnliches aufwirft.

Bei Nemeth muss man immer mehrmals hinhören. Ansonsten entgehen einem die Feinheiten und der schneidende Humor seiner Songs. Beim ersten Hinhören etwa kommt der Opener „Under The Gun“ leichtfüßig und locker daher. Doch eigentlich geht es um die unerträgliche Gewalt durch Schusswaffen in den USA. Wahrscheinlich ist diese Gewalt wirklich nur mit solch einem leichtfüßig ironischen Blick zu ertragen. Jedenfalls dann, wenn man kein wütender Punk ist.

Auch „S.T.O.N.E.D“, was man zunächt als Loblieb auf irgendwelche Drogen hören könnte, geht wesentlich tiefer. Hier singt John Nemeth das Loblied auf die Menschen, die sich nicht den Kopf vernebeln lassen, sondern immer bereit sind, Richtig und Falsch zu erkennen und als solches auch öffentlich zu benennen.

Klar kommen auch typische Partythemen vor: das Gefühl, eine Frau anzubaggern und überhaupt nicht voranzukommen. Es gibt Funk ganz im Geiste der seligen James Brown, tiefgehende Soulballaden und immer wieder bluesige Einsätze von Nemeth‘ Harp. Denn die Harpspieler, nicht die Gitarristen, sind nach seiner Meinung das eigentliche Herz und die Seele von Bluesbands.

Als Sänger ist Nemeth mal predigend wie Al Green zu erleben, mal erinnert er an James Carr, mal an Sam Cooke zu seinen Gospelzeiten. Aber letztlich sind diese Vergleiche heutzutage nicht mal mehr hilfreich. Hier ist ein Künstler zu erleben, der in den 15 Jahren als Solist und Bandleader seine ganz eigene Stimme gefunden hat. Bei ihm sind die klassischen Stile Soul und Blues in guten Händen. Denn Nemeth beweist auch auf „Feelin Freaky“ wieder, dass Soul und Blues eben auch heute noch aktuell und mitreißend sind. Modernismus entsteht bei ihm nicht durch Anbiederung an Trends sondern durch Hingabe und Respekt vor Vergangenheit und Gegenwart.