„One Bourbon, One Scotch, One Beer“ kennt jeder. Aber Blues aus Schottland ist nicht so geläufig. Nur manchmal tauchen Namen auch außerhalb britischer Medien auf wie die in den 80ern gegründete Band Blues ‚n‘ Trouble, Alex Harvey, Dave Arcari oder in den letzten Jahren die Bare Bones Boogie Band. Doch die Szene ist wesentlich vielfältiger und verdient es, gehört zu werden. Das dachten sich jedenfalls die Musiker Lewis und Nick Hamilton von der Lewis Hamilton Band. Und sie erfanden einen Pub als Schauplatz für einen Überblick über die schottische Bluesszene.
Schade, dass es diese Kneipe nur in der Fantasie gibt: Jock‘s Juke Joint könnte bei der Musik glatt zu meinem Lieblingsladen werden. Aber Orte, an denen man jede Menge großartiger Bands hören und dabei Freunde treffen kann, sind hier im Nordosten Deutschlands leider Mangelware. Wo Blues noch live gespielt wird, ist die Programmvielfalt ziemlich eingeschränkt. Und neue Bands kann man schlecht entdecken. Bleibt also nur der Ausflug nach Schottland im Bürosessel. Und neben der Kaffeetasse immer griffbereit die Tastatur um all die unbekannten Musiker zu recherchieren, die sich auf dem ersten Teil dieser Sammlung befinden. Schon der Opener
„Shake Rag Boogie“ von Stevey Hay‘s Hades of Blue ist ein Knaller: Hay stammt aus Edinburgh und spielt schon seit mehr als 35 Jahren Gitarre und man merkt seiner Nummer an, dass er so ziemlich alles zwischen Jazz, Blues und Surfrock gespielt haben muss. Und vor allem, dass er noch immer mit jeder Menge Spaß dabei ist.
Von Albany Down war Paul Jones sofort begeistert. Und auch sonst ist die britische Bluespresse von dem Bluerock der Band um Sänger Paul Muir und Gitarrist Paul Turley begeistert. Ok, hier wird der Bluesrock nicht wirklich neu erfunden. Aber „South of the City“, der Titeltrack ihres Debütalbums geht schon in Ordnung. Und live dürfte die Luft definitiv brennen. Klassischer geht‘s dan bei Sängerin Laura May Gibson zu: Bluesgesang irgendwo zwischen Koko Taylors Erbe und der Sensibilität des klassischen Souls. Bei siebzehn verschiedenen Bands und Solisten wird man immer mehr oder weniger angesprochen – doch die Spannbreite zwischen der großartigen Bare Bones Boogie Band, dem akustischen Blues des Songwriters Gus Monro, dem klassischen Delta Blues von Sleepy Eyes Nelson (aus dem schottischen Clyde Delta) oder der wundervollen Bluesharp von Dana Dixon überzeugt in Gänze und stellt einen vor die Frage: Warum eigentlich sind diese Musiker außerhalb ihrer schottischen Heimat noch so unbekannt? Und wer hat den Mut und das nötige Kleingeld, um ein Konzept wie Jock‘s Juke Joint in der deutschen Kneipenszene Realität werden zu lassen? Ich möchte wetten, dass auch hierzulande wesentlich mehr gute und eigenständige Bluesmusik produziert wird, als der Rezensent ahnt.