Mit seinem 1960 erschienenen Album My Lord What A Mornin‘ begann die künstlerisch bedeutendste Phase in der langen Karriere von Harry Belafonte. Mit Alben, die sich speziellen Bereichen der Folkmusik (hier dem traditionellen Spiritual) widmeten, trug der Sänger und Schauspieler viel zum Folkrevival der Zeit bei.
Gospel ist irrelevant, meinte letztens einer zu mir. Da er aus Marketingsicht sprach, hat er in gewisser Weise sogar recht. Denn wenn mich nicht alles täuscht, war das letzte Mal in den 70er Jahren einem Gospelsong ein Nummer 1-Hit. Dieses Kunststück war damals Edwin Hawkins mit seinem Chor und „Oh Happy Day“ gelungen. Doch Platten mit traditionellen und aktuellen christlichen Liedern waren auch zuvor und danach immer mal wieder in den Charts. So beispielsweise „My Lord What A Mornin'“ von Harry Belafonte, das 1960 bis auf Platz 34 der Charts kletterte.
Bekannt geworden war Belafonte in den 50er Jahren ja vor allem als King of Calypso, hatte mit seinen karibischen Liedern eine regelrechte Welle in den USA und dem Rest der Welt ausgelöst. Doch als engagierter Musiker und Schauspieler ließ er sich nie auf bestimmte Erfolgsmodelle von den Plattenfirmen festlegen. Und so begann er 1959 damit, verschiedene Bereiche der Folkmusik auf seinen Alben vorzustellen. Den Anfang machte er mit traditionellen Spirituals, die er begleitet von den Belafonte Folk Singers präsentierte. Die Stücke wie „Wake Up Joseph“ oder das großartig-mitreißende Oh Freedom sang er so, wie Spirituals und Gospel zu der Zeit in Konzertsälen weltweit vorgestellt wurden: als eine Kunstform, die gleichberechtigt zum europäischen Chorgesang stehen sollte. Das nimmt den Liedern ein ganzes Stück weit ihre urtümlich mitreißende Rhythmik. Doch gerade die harmonische Vielfalt der farbigen Kirchenmusik wird so überzeugend vermittelt.
Ergänzt wird die CD-Ausgabe des Albums mit fünf Bonustracks, die unter anderem von dem großartigen Live-Album „Belafonte at Carnegie-Hall“ stammen.