Elvin Bishop mit seiner Gitarre namens Red DogKaum jemand steht so für die Traditionen des weißen Blues in den Vereinigten Staaten seit den 60er Jahren wie Gitarrist Elvin Bishop. Ob als Gründungsmitglied der legendären Paul Butterfield Blues Band oder später als Solist oder Sideman in unzähligen Kombinationen – Bishop kann man mittlerweile mit mehr als gutem Recht als Legende bezeichnen. Was ihn aber nicht davon abhält, immer noch musikalisch mehr als aktiv zu sein.

Es hat ein wenig was von einer Fernsehshow am Samstagabend, irgendwann in einer besseren Vergangenheit: Man versammle einen Haufen guter Musiker und lasse sie zur Unterhaltung des Publikums aufspielen. Im Blues und ähnlicher Musikstile hatten schon die wandernden Minstrel-Show oder ähnliche Projekte diese Vorstellung umgesetzt. In späteren Jahren waren die Revuen etwa im legendären Apollo Theater in Harlem das Nonplusultra für schwarze Musik und Unterhaltung. Wenn heute zweimal im Jahr Kreuzfahrtschiffe durch die Karibik oder im Pazifik unterwegs sind, wird für die zahlungskräftige Fangemeinde ein ganz ähnliches Ideal verwirklicht: Eine entspannte Atmosphäre und die Möglichkeit, jede Menge guter Musik zu hören. 2010 hat Elvin Bishop für seine Auftritte an Bord eine eigene Revue zusammengestellt, deren Konzert jetzt auf CD erschienen ist:

Elvin Bishop's Raisin' Hell Revue – das ist ein musikalischer Rückblick in die jahrzehntelange Karriere des Ausnahmegitarristen ebenso wie durch die Geschichte von Blues, Rock und Rhyhtm & Blues. Bishop selbst ist der Zeremonienmeister und überlässt ansonsten seinen Freunden oft das Mikrofon. Aber immer merkt man den Aufnahmen an: Hier sind Musiker zusammen, die einfach Spaß haben wollen – und die dem Publikum solchen auch vermitteln können. Mit dieser Revue ist Bishop an einem Ort angekommen, wo er sich hörbar wohlfühlt. Und das unterscheidet ihn von vielen seiner früheren Mitstreiter etwa in der Paul Butterfield Blues Band.

Geboren wurde Elvin Bishop 1942 in Kalifornien. Die ersten Jahre verlebte seine Familie allerdings auf einer mehr als ärmlichen Farm irgendwo in Iowa. Als Elvin zehn Jahre war, zogen sie nach Tulsa in Oklahoma. Und dort hörte er erstmals die Musik, die ihn später ein Leben lang prägen sollte: Die Sender aus dem Süden spielten zwischen Country oder Schlagern zeitweise auch Songs von Jimmy Reed, Muddy Waters oder Howlin Wolf. Und diese Klänge nahmen ihn schnell gefangen und machten die Entscheidung, wo er mit einem Stipendium studieren sollte, recht einfach. In Frage kam für ihn natürlich nur die renommierte University of Chicago. Denn die lag mitten in der South Side, dem Zentrum der damaligen Bluesentwicklung. Mit seiner ersten eigenen Gitarre hatte er sich am Radio die Grundlagen des Blues beigebracht. Aber wirklich lernen wollte er bei den Meistern selbst.

Es war 1959, als er in Chicago ankam. Und schon kurze Zeit später begegnete ihm mit Paul Butterfield eine verwandte Seele. Gemeinsam "studierten" sie in den Clubs der Nachbarschaft, wo an den Wochenenden Muddy Waters, Little Walter, Otis Rush, Magic Sam oder Howlin Wolf zum Tanz aufspielten. Elvin vertiefte sich in ihre Spieltechniken, nahm auch – wenn es sich ergab – Unterrichtsstunden bei ihnen und entwickelte vor dem kritischen Publikum der Clubs schnell seinen eigenen Stil auf der Bluesgitarre.

1963 waren Bishop und Butterfield so weit, dass sie sich mit einer eigenen Band selbstständig machen wollten. Zur Urbesetzung der Paul Butterfield Blues Band gehörten noch Drummer Sam Lay und Bassist Jerome Arnold, die früher mal die Rhythmusgruppe von Howlin Wolfs Band gebildet hatten. Bis 1965 kamen dann noch Mike Bloomfield und Mark Naftalin zur Band. Im gleichen Jahr erschien ihre Debüt-LP und sorgte für die Einladung zum Newport Folk Festival. Und dort sorgten sie gleich für zwei mittlere Eklats. Denn Festival-Organisator Alan Lomax fand vor ihrem Konzert sehr abfällige Bemerkungen über diese weißen Jünglinge, die elektrische Instrumente haben, von denen man nicht mal wisse, ob sie damit umgehen können. Was folgte, war eine Schlägerei zwischen Lomax und Manager Grossman, der heiß drauf war, neben Dylan auch noch diese Band unter Vertrag zu nehmen. Und den größeren Skandal gab es, als Teile der Band (ohne Bishop) gemeinsam mit Bob Dylan drei Lieder in einer ordentlichen Rocklautstärke spielten und damit das Publikum hörbar spalteten (und damit gleichzeitig auch deutlich machten, dass das Folkrevival inzwischen künstlerisch längst am Ende war).

Bishop blieb bis zum künstlerisch ambitionierten "East-West"-Album bei der Butterfield-Band. Doch dann beschloss er, lieber eigene Wege zu gehen. Dies allerdings zunächst ohne den großen Verkaufserfolg in den Plattenläden. Erst 1976 hatte er einen landesweiten Hit mit "Fooled Around and Fell in Love" von seiner LP "Struttin My Stuff". Doch zu dem Zeitpunkt war die große Zeit der gitarrenorientierten Musik in den Hitparaden schon langsam wieder vorbei. Bishop blieb zwar beständig auf Tour und veröffentlichte zuweilen auch Platten. Doch erst als er 1988 bei Alligator unterschrieb, besann er sich konsequent wieder auf seine Blueswurzeln und ist – trotz weiterer Labelwechsel – bis heute dabei geblieben. Den bislang größten Erfolg hatte er dabei mit dem 2008 erschienenen Album "The Blues Rolls On", für das er eine Grammy-Nominierung erhielt. Mit den Gästen, zu denen B.B. King und James Cotton ebenso gehörten wie die Bluesrocker Derek Trucks oder George Thorogood spielte er den Blues quer durch alle verschiedenen Unterarten und machte deutlich, dass für ihn keine engen Schubladengrenzen gelten.

 

Autor Bluespfaffe