Eine der schillerndsten Figuren im Rhythm & Blues von New Orleans war sicherlich Dr. John. Malcom (Mac) John Rebenack Jr., wie er mit bürgerlichem Namen heißt, wurde im Oktober 1940 in New Orleans geboren. Am 6. Juni 2019 starb er an den Folgen eines Herzinfarkts in seiner Heimatstadt.

 

Dr. 2012 in New OrleansSchon als Jugendlicher interessierte er sich für R&B-Musik und gründete eine High-School-Band (”The Spades“) mit Jerry Byrne als Sänger. Begonnen hat er seine Karriere als Gitarrist. Als er an der einen Hand eine Schussverletzung erlitt, wechselte er ans Piano. Mac wurde einer der ersten weißen Musiker, der regelmäßig bei R&B-Sessions in New Orleans und als fester Studiomusiker bei den legendären ACE-Records spielte. Zu seinen wichtigsten Einflüssen gehört Professor Longhair. Seine ersten Aufnahmen für ACE spielte er zusammen mit Huey ”Piano“ Smith (”Rockin’ Pneumonia“) und Frankie Ford („Sea Cruise“) ein.

Bis 1962 war er in New Orleans, dann in Los Angeles in verschiedenen Bands aktiv und an Produktionen anderer Musiker wie Frank Zappa, den Rolling Stones, Phil Spector, Sam Cooke, Aretha Franklin oder Sonny and Cher beteiligt. 1977 arbeitete er gemeinsam mit Van Morrison an dessen Comebackalbum ”A Period of Transition“. Für diese Platte war er sowohl als Arrangeur als auch Musiker engagiert. Im selben Jahr absolvierten die beiden auch eine ganze Reihe gemeinsamer Auftritte.

Seinen ersten großen Erfolg unter eigenem Namen hatte er 1968 mit dem Album ”Gris-Gris“, einer Mischung aus Voodoo-Zaubersprüchen, Rhythm and Blues und kreolischer Soul-Musik. Mit farbenprächtigen, pittoresken Bühnenauftritten stilisierte er sich als Dr. John (Creaux) the Night Tripper zu einer Ikone des Psychedelic Rock. Mit ”Babylon“, ”Remedies“ und ”The Sun, Moon And Herbs“ setzte er die Wiederbelebung und Aktualisierung der musikalischen Einflüsse seiner Heimatstadt fort. Das nächste Album ”Gumbo“ kündigte Rebennacks Abwendung von seinem extravaganten Lebensstil an. Fortgesetzt wurde die musikalische Neuorientierung mit Alben wie ”In The Right Place“ und ”Desitively Bonnaro“. Nach vielen kreativen und hektischen Jahren nahm Dr. Johns Produktivität qualitativ und quantitativ zunächst einmal ab.

Die schöpferische Pause endete 1981 mit dem Erscheinen der Platte ”Dr. John Plays Mac Rebennack“, einer Sammlung von Titeln, die der Musiker alleine mit seinem Klavier aufgenommen hatte und die er mit ”The Brightest Smile In Town“ weiter ausbaute. Seither erfreut er seine Fans mit unregelmäßig veröffentlichten kleinen Meisterwerken, die er fast ausschließlich selbst komponiert.

Daneben arbeitet er mit zahlreichen Blues-, Country- und Jazzmusikern (Willy DeVille, Maria Muldaur, Chris Barber) sowie mit Rockmusikern wie Mick Jagger und Eric Clapton zusammen. In Martin Scorseses Film ”The Last Waltz“, dem Abschiedskonzert der Band 1977 durfte er nicht fehlen.

Mit Alben wie ”Going Back to New Orleans“ hat er in den letzten Jahren immer wieder die einzigartige Musiktradition seiner Heimatstadt zelebriert. Dabei wechselt er souverän zwischen harten Funkgrooves und elegantem Pianojazz hin und her. Je nach Lust und Laune spielt er allein oder auch mit Bands wie der Dirty Dozen Brass Band. Für ein Tribut-Album für Louis Armstrong lud er eine ebenso bunte und vielfältige Gästeschar ein, um das alte Repertoire in die Gegenwart des 21. Jahrhunderts zu holen und zu zeigen, wie weit sich die klassische Jazz seit Satchmos Tagen weiter entwickelt hat.

Nach dem Hurrikan Katrina setzte er sich so wie zahlreiche andere Musiker mit Konzerten weltweit für den Wiederaufbau der Stadt und die Unterstützung von Menschen ein, die durch die Überflutung alles verloren hatten. So ist sein Album „City That Care Forgot“ nicht nur großartige Funkmusik sondern eben auch ein politisches Statement gegen die Tatenlosigkeit der Politik nach der Katastrophe.

Dr. John – Locked Down (Nonesuch)

Die unendliche Coolness des legendären Dr. John