Matthias Sperling und Andrea OuambaDer diesjährige Auftakt der 17. Tanztendenzen in der Universitäts- und Hansestadt begann nicht allein mit dem Pas de Deux „Diplomacy II“ des Senegalesen Andréya Oumaba und des in Großbritannien arbeitenden und gebürtigen Kanadiers Matthias Sperling. Gewichtige Bekenntnisse und Glückwünsche überbrachten die Redner zur Eröffnung im St. Spiritus.

 

Eine Stuhlreihe steht in einem Halbkreis. Davor liegen bunte Decken. Muster: geblümt. Die Bühne ist bereitet. Die Gäste dürfen sich setzen, sich platzieren am Rande des Tanzbodens und zugleich ein Teil von ihm zu sein.

Während im Rathaus die Diskussion über das neue Leitbild noch andauerten sagte Senator Ulf Dembski in Vertretung des Oberbürgermeisters Dr. Arthur König: „Die Tanztendenzen sind für Greifswald ein Alleinstellungsmerkmal.“ Dr. Rainer Steffens vom Theater Vorpommern äußerte: „Das Festival hat für uns einen hohen Stellwert. Es ist sehr, sehr wichtig.“ Froh zeigte er sich darüber, dass die GmbH ihren Beitrag in diesem Jahr bringen konnte. In Zukunft werde alles Mögliche daran gesetzt, dies zu gewährleisten. Dr. Ulrich Rose vom Förderverein Hebebühne gestand: „Die Tanztendenzen sind mir ans Herz gewachsen. Ich wünsche ihnen fünf  gute Abende.“ Das hieß: guten Abend, guten Abend, guten Abend, guten Abend und guten Abend mit direktem Blick in den versammelten Kreis gesagt.

Die Probe, was für ein Gastpiel es für Andréya Oumaba und Matthias Sperling in der Kapelle des Sozio-kulturellen Zentrums wird, kam ganz schlicht daher. Gemessenen Schritts gehen sie auf die Bühne, geben einander die Hand, halten den Augenkontakt und drehen sich zum Publikum. Schweigen. Beide verlassen die Bühne, kommen wieder, Händedruck und Blick in den Halbkreis. Schweigen. Ohne Applaus und ohne mit der Wimper zu zucken, fahren sie fort. Die erste Frage ist gestellt, weitere können folgen.

„Das Thema von Verhältnissen interessiert uns“, erklärt Matthias Sperling. „Der Dialog muss immer weitergehen.“ Den choreographischen Anstoß gab dafür die Arbeit von Deborah Hay. „Ich habe das Gefühl, wir wollen das weitermachen“, fügt er hinzu. Dabei sie dies nur ein Zweig ihres Schaffens.

2007 begegneten sich Andréya Ouamba und Matthias Sperling durch das Working Dance Festival Dialogues Programme. Sie gingen ins Studio, improvisierten und fügten zusammen. Aus den anfänglichen zwei Tagen wurde es von Jahr zu Jahr mehr. „Diplomacy II“ ist ein Auftragswerk des Dance Umbrella Festivals als Teil des „African Crossroad“. Konzept, Choreographie und Tanz liegen ganz in den Händen der beiden Künstler.

Auf der Bühne ist ihre Begegnung vielfältiger Natur: als Individuen, als Sprecher unterschiedlicher Kulturkreise und Bewegungssprachen. Und doch: Sie kommen zusammen. Sie führen ihre Schritte, die Drehung der Arme parallel aus, geben sich dem Spiel des Vorführens und Folgens hin und gewähren einander den Raum für ein Solo.

Selbst die Gegebenheiten der Spielstätte kommen zum Zuge. Das Pendeln eines Armes vor angeleuchteter Wand lenkt den Blick plötzlich auf ein Schattenspiel, eine Bank wird zum Ruhepunkte, von dem aus ein erneutes Ausloten des Raumes startet.

„Diplomacy II“ packt mit seiner choreographischen Klarheit, seiner Unmittelbarkeit und rührt an, weil es mit der guten Leichtigkeit eines Popsongs daherkommt.

Die Hände vereinen sich zum Dank, zum Abschied. Der Applaus ist lang, da kommen die Rosen. Es folgt die letzte Verbeugung. Es war ein guter Abend.