Es ist eine Renaissance zu verzeichnen. Immer mehr Frauen melden sich zur Zeit im Blues zu Wort. Da sind etablierte Künstlerinnen wie Janiva Magness, die großartige Platten veröffentlichen. Und es sind neue Stimmen zu hören wie die von Lucy Hammond oder Chrissie O’Dell.
Innerhalb von paar Tagen war das erste Album von Chrissie O’Dell im Internet kein Geheimtipp mehr: Überall fanden sich begeisterte Rezensionen. Radiosender nahmen die Lieder ins Programm auf und verbreiteten die Kunde: Hier ist eine Blueslady, wo sich das Hinhören lohnt. Vergleiche mit Koko Taylor oder Etta James werden gezogen. Und die Sängerin selbst ist davon überrascht. Denn scheinbar selbstverständliche Dinge wie eine Homepage sind noch gar nicht fertig.
Der Titel schleicht sich an. Ganz leichtfüßig beginnt er mit dieser zarten Frauenstimme. Und dann swingt er sich ein, die Sängerin lässt ihre Krallen erkennen, wenn auch nur kurz und versteckt. „Mr. Right“ ist eines dieser Lieder, bei denen man sofort fühlt: Das ist ein Hit, ein Lied, das man gerne gleich noch mal hören will.
Um so erstaunlicher ist es, dass die Sängerin Lucy Hammond bislang noch fast unbekannt ist. In den 80er Jahren war sie erstmals in der Bluesszene von Oregon aufgetaucht, hatte in verschiedenen Projekten gesungen. Doch dann verließ sie die Bühne wieder, um ernsthaft zu lernen, was Blues bedeutet – so formuliert sie das selbst auf ihrer Homepage. Das meint: sie wurde Mutter und kümmerte sich um die Kinder. Jetzt ist sie zurück mit einem Quintett als Begleitung und mit eigenen Liedern, die man als Soul-Blues bezeichnen könnte. Bleibt zu hoffen, dass es möglichst bald ein komplettes Album dieser Frau gibt.
Was diesen Sängerinnen gemeinsam ist, ist die Tatsache, dass hier keine Teenage-Pop-Sternchen aufgebaut werden von Marketingstrategen. Sondern hier melden sich Frauen zu Wort, die über ihr Leben zwischen Bühne und Famlie, zwischen zebrochenen und neuen Beziehungen singen. Frauen, die ganz bewußt Blues und Soul als Ausdrucksmittel wählen und sich nicht an eine verhiphopte Jugendkultur anbiedern wollen. Damit sind Lucy Hammond oder Chrissie O’Dell vergleichbar etwa mit Sharon Jones, die erst als 50jährige weltweite Bekanntschaft fand mit ihrem Old-School-Soul & Funk. Diese Musik trifft auf Hörer, die sich nach echter Ehrlichkeit in der Musik sehnen und dafür auch auf Perfektion zu verzichten bereit sind. Ob sich solche Platten in größeren Stückzahlen verkaufen lassen, das ist unklar. Aber es ist ja mittlerweile eh so, dass die Musiker den Löwenanteil ihres Geldes durch Live-Auftritte und Tourneen verdienen.