Wenn man sich an die Ursprünge des Blues als Musik ehemaliger Sklaven erinnert, dann ist der Weg hin zu einem Blues- und Folkmusiker der australischen Aborigine nicht mehr weit. Wie etwa zu Archie Roach.
Um es gleich deutlich zu sagen: Archie Roach ist nicht der Bluesman, wie man ihn vom Mississippi des frühen 20. Jahrhunderts kennt. Er hält sich nicht an die musikalischen Strukturen, die die Bluesgelehrten später dieser Musik angedichtet haben. In seinen Liedern sind neben dem Blues noch zahlreiche andere Einflüsse zu hören. Etwa die des Folk und bei genauem Hinhören auch die Folklore seiner Vorfahren. Doch die Art, wie er singt, wie er mit seiner Stimme Emotionen in seine Geschichten legt, die macht ihn auch zu einem Bluesmusiker. Und er steht auch selbst dazu, wenn er etwa Songs wie den Bicentennial Blues über die Jubiläumsfeierlichkeiten Australiens schreibt.
Archie Roach gehört zu der „Stolen Generation“, zu den Kindern von Ureinwohnern, die in Australien von ihren Eltern getrennt wurden. Geboren wurde er in der Framlingham Aborigional Mission und wurde als kleines Kind ins Heim gesteckt. Später wurde aus ihm ein obdachloser Alkoholiker.Doch dann wurde er als unwahrscheinlich begabter Sänger und Songschreiber entdeckt, der die eigenen Probleme, die auch die seines Volkes sind, zum Thema macht.
Bekannt wurde Roach 1988 durch Aufnahmen seiner Lieder, die er im Rundfunk sang. Hier konnten Menschen erstmals „Took the Children Away“ über das Schicksal der Kinder seiner Generation hören. Heute ist er skeptisch, was die Wirkung seiner Lieder in der Öffentlichkeit betrifft:
“I thought writing the song Took The Children Away was, in part, a way of telling people that taking children from their families was not necessarily the best or only so-called solution concerning the child or their family’s well being. I was wrong.
We thought the Bringing Them Home report would see measures taken to ensure it should never happen again. We were wrong. We thought the Deaths in Custody report would help prevent such things happening. We were wrong.
Sein erstes Album Charcoal Lane nahm er 1990 auf. Mit Liedern wie „Took the Children Away“ gewann die Platte zwei Aria Awards – und den Human Rights Award (erstmals wurde der Menschenrechtspreis an einen Liedermacher vergeben). Und in der US-Ausgabe des Rolling Stone wurde sein Debüt unter die 50 besten Platten des Jahres gezählt. In Australien wurde ihm dafür eine Goldene Schallplatte zuerkannt.
Seither erschienen vier weitere Alben. Und im November 2009 veröffentlichte er als Album mit dem Titel 1988 seine ersten Aufnahmen aus dem Rundfunk und von Auftritten in der Frühzeit seiner Karriere. Wobei er sich nicht sicher ist, ob er die Lieder heute noch genauso schreiben und singen würde:
„Als ich mir die Lieder 21 Jahre später anhörte, fühlte ich mich ein wenig unbehaglich wegen ihrer anstehenden Veröffentlichung. Ich bin mir nicht sicher, was dieses Gefühl verursachte. Vielleicht war es die Sprache, die ich heute ziemlich heftig finde uns so nicht mehr verwenden würde. Ich weiß, ich war jünger, zorniger und verrückter als ich heute bin. Ich war damals außerdem dabei, vom Schnaps los zu kommen. Vielleicht war es ein weg, den ganzen Dreck loszuwerden, der sich über die Jahre angesammelt hat, in in Lieder fließen zu lassen, als mich mit Alkohol abzufüllen.“
Inzwischen hat er weltweit mit den verschiedensten Musikern zusammengearbeitet oder ist mit ihnen aufgetreten. Mit Billy Bragg und Tracy Chapman genauso wie mit Bob Dylan, Patti Smith oder Crowded House.
Da Archie Roach auf seiner Profilseite bei reverbnation nur kurze Ausschnitte seiner Lieder zur Verfügung stellt, baue ich hier eine Sammlung seiner Videos in den Artikel ein.