Es gibt Darstellungen der Bluesgeschichte, die den Pianoblues allein auf den Boogie Woogie reduzieren. Deren mit Scheuklappen durch die Welt laufenden Autoren sollte man der Einfachheit halber „Not Alone“ vorspielen: Der Blues am Klavier hat wesentlich mehr zu bieten, macht Ann Rabson hier sofort klar.
Ob sie nun Klassiker wie Leroy Carr‘s „How Long Blues“ oder Memphis Slims „Guees I‘m a Fool“ spielt (ersteres gesungen im Duett mit Margolin und ansonsten wundervoll klassisch als Duo von Klavier und Gitarre interpretiert, letzteres mit Margolin allein als Sänger) oder ob sie Lieder aktueller Songwriterinnen wie EG Kight („No Time For the Blues“) oder alter wie Louis Jordan interpretiert: Das Album lässt die Vielseitigkeit der Bluesstimmungen ebenso nacherleben wie die verschiedenen Möglichkeiten, dieselben am Klavier und im Duo mit Gitarre zum Klingen zu bringen.
Und sowohl Rabson selbst wie Margolin verpassen den Stücken eine ganz eigene Note: Das oft als Partysong gedeutete „Let‘s Go Get Stoned“ wird in der dem Thema innewohnenden Traurigkeit gesungen und nicht als Stampfer für den Rockschuppen. Und (für mich der Höhepunkt gleich zu Beginn des Albums) Thomas Dorsey‘s „I‘m Going To Live the Life Is Sing About in My Song“ erklingt als Bekenntnis einer starken und selbstbewussten Musikerin.
Wer auf Bluesalben allein auf eine vorgespiegelte Perfektion achtet, wird zuweilen aus der selbstgewählten Andacht gerissen: Das Album macht nähmlich den Eindruck, es sei bei spontanen Jamsessions aufgenommen worden. Da klappern manche Stellen, bricht die Stimme zweilen. Aber genau das ist auch einer der Reize dieser Scheibe: Hier fehlt jeglicher Abstand. Niemals hat man das Gefühl, einem Kunstprodukt zu lauschen. Warm und direkt kommen die Stimmen und Instrumente von Rabson und Margolin aus den Boxen. So als hätten sich die beiden zu einem Wohnzimmerkonzert in der heimischen Wohnung eingefunden und musizierten und für einen selbst. So nahe kommt man Musikern auf Tonkonserven sonst nur selten. Faszinierend.