Den Überblick über die verschiedenen Bands im Umfeld der Allman Brothers und von Derek Trucks zu behalten ist eine recht komplexe Angelegenheit. Scrapomatic, die Band von Mike Mattison (Leadsänger bei der Derek Trucks Band und Background-Vokalist bei der Tedeschi Trucks Band) zählt zu den Gruppen, die sich Fans zeitloser Southern Rock-Klänge merken sollten. „I‘m a Stranger (And I Love The Night)“ ist das vierte Album der Band seit 2003.
Irgendwann werde ich den schon vor längerer Zeit mit einem Kollegen gefassten Plan wahr machen, ein Special allein zu Bands aus Jacksonville in Florida zu produzieren. Denn wenn es eine Hauptstadt des Southern Rock gibt, dann ist es dort. Woran das liegt – und was die Magie von Florida für eine Auswirkung auf das Schreiben und Spielen von tief im Blues verwurzelter Rockmusik hat, sollte man eigentlich als Forschungsprojekt für eine Doktorarbeit ausschreiben. Scrapomatic waren mir bislang noch nicht bekannt. Doch je öfter ihr aktuelles Album bei mir im Player läuft, desto mehr nimmt mich der Sound zwischen Blues, Folk und Rock gefangen, der vor allem von den beiden Songwritern und Sängern Mike Mattison und Paul Olsen geprägt wird. Obwohl man auch die schneidende und immer prägnante Gitarre von Dave Yoke (seit kurzem festes Bandmitglied) nicht untereschätzen sollte.
Die zwölf Songs des Albums sind bei der gegenwärtischen Schwüle des Spätsommers genau die richtige Untermalung eines faulen Nachmittags im Garten: Nur manchmal rocken die Nummern richtig gewaltig nach vorn und bringen einen zum Schwitzen. Häufiger aber lassen einen die gebremsten Grooves einfach dahintreiben und träumen von der Flucht an irgendeinen Strand, wo einem gekühlte Drinks mit Schirmchen serviert werden. Oder aber davon, sich irgendwo mit einem Boot durch die Bayous von Louisiana treiben zu lassen, immer auf der Suche nach dem Liebesschrei der Alligatoren (so es den denn geben sollte). Und wenn dann „How Unfortunate For Me“ erklingt, dann ist man in irgendeiner Kellerkneipe angelangt, wo sich die Band gerade dran macht, ihre Version der alten Songs von Brecht und Weill zu erfinden. Und man lässt sich einen Whiskey eingießen und vergisst endgültig, dass man noch im heimischen Garten sitzt. „The Party‘s Over“ ist dann der melancholische Abgesang, ehe mit dem „Gentrification Blues“ sogar noch ein kurzer Ausflug in gesellschaftskritische Gefilde gemacht wird. Und das Thema gerät ebenso melancholisch und so wenig revolutionär, dass man sich vor dem Aufbruch zur Demonstration doch lieber noch einen Drink bringen lässt.{module nathan}