WP: Marshall Lawrence aus Kanada hat 2014 eine sehr interessante Video-Serie in Memphis gedreht. Er stellte den Leuten nur eine einzige Frage – und ich will Dir diese Frage auch stellen: Warum liebst Du den Blues?

Blues ist ein Gefühl, eine Geschichte und eine Kultur. Es ist wirklich so viel mehr als nur eine Musik. Ich liebe den Blues, weil er für mich der ehrlichste Weg ist, echte Gefühle auszudrücken und zu fühlen auf die natürlichste Art, die es gibt.

WP: Mit Deiner Band hast Du dreimal an der International Blues Challenge teilgenommen. Wie wichtig ist so ein Wettbewerb für Bluesmusiker in den Vereinigten Staaten? Hat sich Deine Karriere nach der IBC verändert?

Die IBC ist eine fantastische Sache. Wir haben so viele großartige Menschen während der Veranstaltung getroffen: Fans, Talenscouts und andere Blueskünstler von überall auf der Welt. Ich hab eine Menge gelernt, indem ich all den großartigen Musikern bei ihren Auftritten zugesehen hab. Das kann man mit Geld nicht bezahlen und ich würde jedem Fan und Musiker raten, sich das mindestens einmal anzusehen!

WP: Ein Musiker hier in Deutschland sagte mir in einem Interwiew: Im Blues ist kein Geld. Wie schwer ist es, mit Deiner Musik den Lebenunterhalt zu verdienen? Oder welche anderen Jobs hast Du?

Es kann schwierig sein, aber um ehrlich zu sein, geht es uns ziemlich gut. Ich mache nichts anderes außer Musik. Ich trete viel live auf und hab die großartige Möglichkeit, die Alben anderer Künstler zu produzieren. Wir versuchen, die Dinge gut zu planen und das Budget einzuhalten, und Jahr für Jahr wachsen wir und bauen unsere Fanbasis immer weiter aus. Und so zahlt sich all die harte Arbeit für uns aus.

WP: Wie wichtig ist Memphis als Musikstadt für Deine eigenen Songs? Hat die Beale Street noch immer ihren eigenen Vibe – oder ist das heute nur noch ein Ort für Touristen?

Memphis hat eine solch kraftvolle Kultur und Geschichte, dass es unmöglich ist, dass mein Schreiben und meine Musik nicht davon beeinflusst wird. Boden, Wasser und Luft sind gefüllt mit den Schwingungen der Kreativität. Und um auf die Beale Street zu kommen: Sie wird von vielen Touristen b-esucht. aber das macht die Musik kein bisschen weniger authentisch. Meiner Meinung nach ist die Beale Street heut wesentlich stärker, als sie viele Jahre lang war. An jedem einzelnen Tag treten dort so viele wunderbare Blues- und Soulkünstler auf. Auch viele tourende Bluesacts nennen Memphis ihre Heimat. Und viele von ihnen spielen auf der Beale Street, wenn sie mal nicht auf Tour sind. Wir beispielsweise spielen ab und zu im Rum Boogie Café, wenn wir zu Hause in Memphis sind.

WP: Hören Elefanten Blues? Oder was ist die Story hinter dem Titel Deines neuen Albums?

Das ist von den Texten her das wichtigste Album, das wir gemacht haben. Und ich wollte einen Titel, der dazu passt. Der Albumtitel „Morose Elephant“ fasst den Grundgedanken zusammen.
„Morose“ (grieskrämig, mürrisch, verbissen) hat eine Menge negativer Bedeutungen und Assoziationen wie bitter, zornig, aufgeregt. Ich wollte dann den „Elefant“ als ein kraftvolles, spirituelles Tier verwenden, das für Kraft, Stärke, Langlebigkeit und Stoizismus steht. Die Idee ist, dass wir alle durch Dinge hindurch müssen, die schlecht oder schwierig sind, das aber macht uns nicht schlecht, wir gehen nur durch einen Prozess. So kann slbst ein Elefant mürrische Tage haben, aber am Ende ist er noch immer ein Elefant.

WP: Wenn Du Dich zum Schreiben hinsetzt, was kommmt da zuerst: der Text, die Melodie oder die Idee für einen ganzen Song? Und was ist für Dich wichtiger: Die Musik, oder die Geschichte, die Du in dem Lied erzählst?

Für mich ist das wichtigste an einem Song, dass er ehrlich und echt ist. Ich will keine Prosa schreiben. Ich will einen Teil meiner Seele mit der Welt teilen. So verändert sich die Art, wie ich meine Lieder schreibe von mal zu mal. Einige Songs wie „River Runs Dry“ und „Ash and Bone“ kamen zu mir komplett: Musik, Text und alles. Andere Lieder wie „Fall Apart“ wurden über einen ganzen Zeitraum erschaffen, sie wurden geschrieben, geändert, neu geschrieben und dann wieder geändert, bis am Ende alles an seinem Platz war. Wenn es zum Songschreiben kommt, will ich Herz und Verstand offen halten. Ich erzwinge es nicht, halte es aber auch nicht zurüc. Und wenn das bedeutet, dass ich in sechs Monaten kein Lied schreibe oder ich sechs Lieder an einem Tag verfasse, dann soll es so sein. So lange es gefühlvoll, ehrlich und echt ist, ist es gut für mich.

WP: Ich höre auf Euerm neuen Album eine Menge verschiedenartiger Musik: Blues, Bluesrock, Boogie Woogie, Soul und auch ein wenig Jazz – hatten Deine Eltern eine große Plattensammlung? Oder wie hast Du Deinen Weg in diese Musik gefunden?

Ja, das hatten sie! Als ich aufgewachsen bin, hab ich den Rock & Roll der 50er, 60er und 70er Jahre gehört. Von da aus hab ich all die großartige Musik gefunden, die davor kam wie Blues und Jazz. Auch wenn ich mich selbst zuerst als Bluesmusiker und Bluesfan betrachte, höre ich doch eine großes Sortiment an Musik. Aber all das hat eines gemeinsam: Es hat Soul! Ich mag Musik, die echt, ehrlich und emotional ist. Mir ist es egal, ob es ein Singer/Songwriter ist oder ein Jazz-Saxophon: Wenn es voller Seele ist, werde ich es wahrscheinlich lieben.

WP: Wie wichtig ist es, die Geschichte des Blues zu kennen, wenn man ein Bluesman sein will?

Das ist das Ein und Alles! Blues ist nicht nur eine Musik, es ist keine Reihe von drei Akkorden, die in einer 12-taktigen Form gespielt wird, es ist eigentlich eine Kultur und eine Geschichte. In ihr dokumentiert eine ganze Gruppe von Menschen ihren Kampf, ihre Blickweise und ihre Gefühle. Zu verstehen, woher und warum alles so gekommen ist, ist der einzige Weg zu erfassen, was der Blues eigentlich ist. Blues ist ein Gefühl, keine Musik! Die Musik ist einfach nur das Mittel, um dieses Gefühl auszudrücken.

WP: Welches Album könnte ein guter Start für einen jungen Menschen sein, der den Blues entdecken will?

Led Zeppelins frühe Alben sind großartig dafür. Sie sind angefüllt mit einer verrückten Energie und einer Aggressivität, die jüngere Menschen gefangen nimmt. Für mich war Buddy Guy derjenige, der mich wirklich zum Blues gebracht hat. Als ich ihn Gitarre spielen hörte, hing ich am Haken! Wenn man einmal akzeptiert hat, dass der Blues in Ordnung ist, dann kann man ihren Blick dahin wenden, woher alles kam. Wir haben heute viele Künstler, die einen großartigen Job machen, die Tür zum Blues für jüngere Leute zu öffnen.