Die Musiker der Jim Shaneberger Band stammen aus dem westlichen Michigan. Und so nimmt es nicht Wunder, wenn man zwischen traditionelleren Bluesrocksounds zuweilen auch Anklänge an Motown-Funk vernimmt.
Ach ja, schon wieder ein „Power-Trio“. Schon wieder ein Gitarrist, dem man seine Vorbilder Jimi Hendrix, Stevie Ray Vaughan und Led Zeppelin in fast jeder Note anhört. Schon wieder also nicht viel neues in Sachen Bluesrock. Doch man sollte „Above & Below“, dem zweiten Album der Jim Shaneberger Band durchaus mal genauer zuhören, dann sind hier zwischen bekannten Riffs und Phrasen Songs zu entdecken, die musikalisch und vor allem auch textlich mehr als gelungen sind.
Über die Indifferenz, die letztliche Teilnahmslosigkeit der amerikanischen Gesellschaft angesichts der sinnlosen Gewaltverbrechen, kann man sich aus europäischer Sicht immer wieder verwundern. Doch kann man aus hiesiger Sicht die Einstellung der Amerikaner zu ihren Waffen nicht wirklich verstehen. Und mittlerweile lassen sich auch hierzulande Leute feiern, die öffentlich behaupten, eine größere Anzahl von Waffen würde die Zahl der Gewaltverbrechen senken. Dass das Gegenteil wahr ist, wird schnell als Fake News abgetan, als liberales Gutmenschentum. In „Indifference“ stellt Gitarrist/Songwriter die verzweifelte Frage: Wie viele Menschen müssen eigentlich noch sterben, ehe wir die Dinge auf die Reihe bekommen? Der Rhythmus prügelt die Frage unerbittlich in die Gehörgänge. Und die Fassungslosigkeit angesichts der täglichen Nachrichtenbilder wird zum wütenden Bluesrocker. Auch Titelsong „Above & Below“ widmet sich diesem Thema.
Musikalisch immer wieder Anklänge an die Ahnen des Bluesrock in Shanebergers Gitarre. Die Rhythmusgruppe mit Schlagzeuger Steve Harris und Bassist Jeff Baldus liefert dazu einen Groove, der das Rockeinerlei immer wieder durch freie Grooves aufbricht, das Tempo variiert und jegliche Eintönigkeit immer wieder im Keime erstickt. Hier ist eine Truppe am Spielen, die die Beschränkungen kennen aber auch die großen Möglichkeiten der einfachen Triobesetzung immer wieder ausreizen, wenn etwa der Rockrhythmus plötzich zum Funk wird.
Nein, Jim Shaneberger und seine Band sind keine musikalischen Revolutionäre. Sie schreiben die Geschichte des Bluesrock nicht in vollkommen neue Regionen fort. Dafür sind sie zu sehr der den übergroßen Vorbildern verpflichtet. Doch so lange dabei auch Songs wie die erwähnten entstehen, sollte man sie durchaus auf der Liste der Bands behalten, die man im Auge behalten sollte als Freund bluesiger Rockmusik. Allerdings sollten sie zukünftig Ausflüge in Countryregionen wie bei „Bright Side“ unterlassen. Das Lied ist einfach nur langweilig und überflüssig.