Es gibt Alben, die einen schon beim ersten Hören verblüfft innehalten lassen. Mit „This Is The Life I Choose“ haben Zoe Schwarz Blue Commotion eine Scheibe veröffentlicht, die sich von Song zu Song immer mehr entfaltet und eine Bandbreite zwischen Blues, Jazz, Soul und Rock vor dem Hörer ausbreitet, die nur übertroffen wird von ein paar der tollsten Texte, die im Blues und Rock in den letzten Jahren erzählt wurden.
Das Leben einer Musikerin ist hart, besonders wenn sie sich dem Blues widmet. Man stellt sich bewusst außerhalb des Mainstream, wird von den normalen Medien mit Nichtachtung gestraft. Und die Läden, wo man live spielt, sind eher die verräucherten Clubs als die großen Stadtionbühnen. Das Geld ist knapp, man wurde rechtzeitig gewarnt davor von all den gut meinenden Familienmitgliedern. Aber es ist letztlich das Leben, was man sich gewählt hat, wo man sich am richtigen Platz fühlt.
„This Is The Life I Choose“ erzählt in zehn von Gitarrist Rob Koral geschriebenen Songs die Geschichte genau dieses Lebens. Die Texte nun von Sängerin Zoe Schwarz stammen oder auf Gedichten von Pete Fenestra und anderen Autoren beruhen: Hier ist ein Konzeptalbum entstanden (ob geplant oder gewachsen), das die verschiedensten Facetten des Lebens einer Musikerin mit Leib und Seele beleuchtet. „My Baby Told Me So“ etwa erzählt von der ständigen Finanzkrise, dem Suchen nach dem nächsten Gig. Und dennoch ist das Leben toll. Denn der Blues ist ebenso treu wie der Liebste. Der nach einem Gospelschrei losrockende Opener „Hold On“ ist die Geschichte einer Beziehung, die an ihr Ende gekommen ist, an der man aber noch immer festhalten will. „People“ ist eine die Menschheit umarmende Liebeserklärung überzeugter Hippies.
Und so geht es weiter, mal deftig losrockend, mal jazzig-verrucht, mal romantisch verträumt, mal dicht an der Grenze zur Verzweiflung. Immer trifft die Band genau die Stimmung, die die einzelnen Geschichten brauchen. Und Zoe Schwarz zeigt, dass sie eine der vielseitigsten und großartigsten Sängerinnen ist, die der Blues in Europa heutzutage kennt. Und auf dem neuen Album lotet sie die Grenzen noch weiter aus, wird zuweilen gar zur reinen Rocklady oder lässt die Liebe zum Punk von The Clash erkennen. Elf Songs, elf absolut stimmige Nummern.
Neben Korals Gitarre wird sie wieder fantastisch unterstützt von der famosen Hammond von Pete Whittaker und dem äußerst variablen Schlagzeug von Paul Robinson. Den Abgang von Harpspieler Si Genaro merkt man erst im Nachhinein. Aber dafür sind zumindest bei drei Songs noch deftige Bläser und eine tolle Backgroundsängerin dabei. Und dann gibt es noch zwei Bonustitel. Und die sind dann Cover, die die musikalische Vielseitigkeit der Truppe nochmals unterstreichen. „We’re Going Wrong“ (Jack Bruce) ist ein eigenständiger Tribut an Cream. Und schon seit Jahren gehört „Feeling Good“ aus dem Repertoire von Nina Simone zu den live gefeierten Nummern von Blue Commotion.
„This Is The Life I Choose“ ist für mich neben dem neuen Album von Eliza Neals bisher das beeindruckendste Album einer Blueslady im Jahr 2017. Unbedingt anhören, kaufen und an sehr gute Freunde verschenken!