Ähnlich wie Half Deaf Clatch gehört Tom Attah zu den wichtigsten Songwritern in der britischen Akustik-Blues-Szene. Aber mit dem Bad Man Clan spielt er auch elektrischen Blues.Am 9. November wird er beim 6. Volksdorfer Bluesfestival sein erstes Konzert in Deutschland geben. Dabei tritt er gemeinsam mit der britischen Songwriterin und Harpspielerin Katie Bradley auf.
Eine Interviewreihe von Dave Watkins
1: Was war Dein frühester Musikgeschmack und wie hast Du die Welt des Blues entdeckt?
Wie bei den meisten Menschen waren es meine Eltern und das Fernsehen. Meine Mutter hatte wirklich einen breit angelegten Geschmack. Aber wir hörten viel Boney M und britische Folkmusik, angereichert mit ein wenig Toots Hibbert und Bob Marley – tiefe, fette, harte Grooves und großartige Stimmen. Ich wuchs in Surrey und Hampshire im Vereinigten Königreich auf. Und als ich alt genug war, in Pubs zu gehen, waren alle diejenigen, die dort Musik spielten, Musiker aus den 60er und 70er Jahren. Und sie spielten Blues und Bluesrock. Ich hatte außerdem das große Glück, dass der Vater eines meiner Freunde ein riesiger Rolling Stones Fan. Und er spielte mir Muddy Waters, Elmore James, B.B. King, ZZ Top und Ry Cooder vor. Als ich zum ersten Mal „Hard Again“ von Waters und „Tres Hombres von ZZ Top hörte – das war es! Es war, als wäre man vom Blitz getroffen worden!
2: Wer waren die Künstler, die dich dazu brachten, dass Du diese Musik spielen wolltest. Und wann stelltest Du fest, dass Du dazu das Talent hast?
Definitiv Muddy Waters und Robert Johnson. Da war etwas in der Musik, das mir bei allem anderen fehlte, was ich damals hörte, da war tatsächlich etwas lebendiges darin. Ich verstand Robert Johnson nicht wirklich, als ich ihn zu ersten Mal hörte – er ängstigte mich total, wenn ich seine Musik hörte.
Ich hatte Glück, dass man mich zum ermutigt hat, das Spielen zu lernen. Da waren immer Leute mit mir im Raum, die mit mir spielten, und so lernte ich durchs Jammen. Ich lerne noch immer dazu und hab noch einen langen Weg vor mir.
3: Deine ersten Aufnahmen: Hörst Du sie Dir noch immer an? Wie beurteilst Du sie jetzt? Und gibt es welche, die Du lieber nicht mehr hören möchtest?
Ich spiele noch immer einige von den ersten Blues Songs, die ich geschrieben habe – sie haben sich entwickelt und sind stärker geworden und mit mir über die Jahre hinweg gewachsen. Wenn ich ab und zu die ersten Aufnahmen anhöre, bin ich überrascht, wie anders sie klingen. Wenn ich sie jetzt höre und es gibt da Dinge in ihnen, die fehlen, denke ich bei mir: Du spielst das falsch!
4: Welche anderen Jobs hast Du gemacht, um Deine Musik-Kariere zu unterstützen?
Ich unterrichte Musik für Studenten an der Universität, außerdem schreibe und forsche ich. Großartig ist, dass jede dieser Aktivitäten die anderen befruchtet. Wenn ich auftrete, dann lerne ich Dinge, die ich den Studenten beibringen kann. Und wenn ich die Studenten unterrichte, dann haben wir Diskussionen, von denen ich lernen und über die ich schreiben kann. Und wenn ich schreibe, dann kann ich auf meine Erfahrungen als Lehrer und Performer zurückgreifen. Ich kann die Dinge gar nicht getrennt betrachten und hab so an allen meine Freude.
5: Wie schwer ist es, von der Musik zu leben? Gibt es etwas, dass es für die Künstler leichter machen könnte?
Ich bin mir nicht sicher, ob es heute schwerer ist, als es früher war. Du musst nur sicher sein, dass Du gut organisiert bist: du brauchst Karten, CDs und Poster, musst sicherstellen, dass die Leute Dich bei Bedarf leicht erreichen können. Sich selbst zu vermarkten ist heute leichter als es zu Zeiten vor dem Internet gewesen sein muss. Jetzt können Dich Leute von überall auf der Welt sehen und hören, in dem sie einfach nur am Computer sitzen. Ich glaub, die eine Sache, die das Leben einfacher machen würde, wäre, wenn die Airlines weniger pingelig mit Musikern umgehen würden, die ihre Instrumente dabei haben. In den meisten Momenten, und das betrifft die meisten Linien, kommen sie damit klar, wenn Du eine Gitarre dabei hast. Aber einige – die wirklich billigen – können versuchen, einem das Leben schwer zu machen und berechnen weit mehr, als wirklich nötig.
6: Auf welchen Deiner eigenen Songs bist Du besonders stolz? Kannst Du uns die Geschichte hinter dem Lied erzählen?
Ich bin auf sie alle stolz. Sie kommen alle aus Lebenserfahrungen, die ich selbst hatte, oder beobachtet habe. Mein Favorit ist noch immer „How Long Has I Been“, genauso wie zu der Zeit, als ich ihn schrieb. Damals wusste ich, er bedeutet irgendwas, aber ich wusste nicht, was. Soviel Zeit inzwischen vergangen ist, ist er länger bei mir geblieben als einige Freundinnen oder Jobs, und er war wesentlich treuer und ehrlicher. So bin ich definitiv in einer Beziehung mit diesem Lied. Es handelt davon, sich daran zu erinnern, inne zu halten und drüber nachzudenken, was man tut. Das ist ein Ratschlag, den ich mir selbst oft und immer wieder gebe. Und es ist das Lied, mit dem ich immer mein Konzert beginne. Das Lied ist inzwischen sowas wie ein guter alter Freund.
7: Wenn Du Dich zum Schreiben hinsetzt, was kommt zuerst – der Text, die Melodie oder die Idee für ein ganzes Lied?
Das kann alles sein. Manchmal spiele ich in meinem kleinen Studio und da fällt dabei ein Lied aus meinen Händen, manchmal fahre ich so dahin und das Lied drängt sich ins Auto und will gesungen oder gespielt werden. Die Musik ist immer da, die Songs sind immer da, scheinbar ist es nur eine Frage, wann Du entspannt genug bist, sie zu empfangen.
8: Erzähl uns was über das Lieblingsinstrument in Deiner Sammlung. Gibt es irgend ein anderes Instrument, dass du gerne hättest oder spielen lernen möchtest?
Zu allen meinen Gitarren gibt es Geschichten. Meine akustische ist eine, die mir ein sehr guter Freund vor vielen Jahren geschenkt hat, als ich kein Instrument hatte. Inzwischen hab ich einige ziemlich teure Instrumente, aber diese schäbige akustische ist die erste, die genommen wird bei Konzerten, fürs Schreiben oder bei Aufnahmen. Ich hab wirklich Glück: da gibt es Les Pauls, die man mir leihweise überlassen hat und eine Telecaster, die man mir geschenkt hat, die sich einfach phänomenal anhört und anfühlt.
Früher war ich mal Schlagzeuger. Und so miete ich mir ab und zu einen Raum und spiele eine Weile auf dem Schlagzeug, um mich abzureagieren. Ich wünschte, ich könnte Keyboards und Harmonika spielen. Aber um ehrlich zu sein: Ich kenne so viele großartige Keyboarder und Harpspieler, dass ich es niemals wirklich lernen musste. Ich glaube, ich sollte meine Arbeit darauf beschränken, die Gitarre wirklich spielen zu können.
9: Wo möchtest Du Deine Karriere gerne hinführen sehen in der Zukunft? Was sind Deine wichtigsten Ziele?
Ich will weiterhin spielen, reisen, unterrichten und lernen. Es gibt so viel Musik, so viele Menschen und so wenig Zeit – darum ist es wichtig, dass ich mich daran erinnere, wie glücklich ich bin, um die Welt reisen zu können und mit solch wirklich großartigen Menschen und Freunden spielen zu können.
10: Was machst Du außerhalb der Musik am liebsten?
Meistens lesen, essen und kochen. Meine Partnerin und ich fahren gerne durch das Vereinigte Königreich und erholen uns in Südamerika, wann immer wir können. Aber eigentlich spielt auch dabei immer irgendwelche Musik im Hintergrund …
Zusatzfragen:
A: Wie böse ist der Bad Man Clan? Wer ist der übelste von ihnen?
The Bad Man Clan ist sagenhaft! Ich kann nicht sagen, wer der böseste war – ich bin sicher, dass wir der Meinung sind, wir alle wären es.
B: Was ist der teuerste Hut, den Du bislang gekauft hast?
Jemand schenkte mir in Amerika den einen, den ich immer auf der Bühne trage – zählt der auch? Der hat 120 Dollar gekostet.
C: Sheffield United oder Sheffield Wednesday?
Sheffield No-day, ich hab wirklich überhaupt kein Interesse am Fußball. Wenn ich ehrlich bin, schau ich viel lieber Doctor Who.