Am 20. September erscheint mit „Unleashed“ das Debüt der kalifornischen Chase Walker Band. Beim ersten Hören merkt man kaum, dass hier drei Jungs spielen, die noch zur Schule gehen. Erstmals musste Dave Watkins seine zehn Fragen dem jugendlichen Alter des Künstlers anpassen.<br />
Eine Interviewreihe von Dave Watkins
1: Was war Dein frühester Musikgeschmack und wie hast Du die Welt des Blues entdeckt?
Als ich erstmals mit dem Gitarrespiel anfing, interessierte ich mich hauptsächlich für Classic Rock. Eines Tages schenkte mir mein Vater einen Line 6 Spider Jam Verstärker, der hunderte von Backingtracks aus Pop, Rock, Country und auch Blues mitbrachte. Ich überraschte mich dabei, dass ich immer wieder zu dem Blues-Track zurück gehen wollte. Das brachte mich dazu, nachzuforschen, was Blues eigentlich war. Und ich hörte mir Blueskünstler wie Little Walter, Albert King und Howlin Wolf an. Später besuchte ich ein Blues Sommer Camp, und das änderte alles. Dort lernte ich, mit einer Band zu spielen. Es könnte sein, dass ich heute nicht Gitarre spielen würde, wenn ich den Blues nicht entdeckt hätte. Der Blues forderte mich heraus, ein besserer Spieler zu werden und half mir dabei, mich zu entwickeln.
2: Wer waren die Künstler, die dich dazu brachten, dass Du diese Musik spielen wolltest. Und wann stelltest Du fest, dass Du dazu das Talent hast?
Wir hatten immer Musik zu Hause, von Leuten wie Otis Redding oder Jim Croce bis hin zu AC/DC, der Zac Brown Band oder Michael Jackson. Und alles, was dazwischen lag. Meine Eltern haben mich immer zu allen möglichen Live-Konzerten mitgenommen. Meine früheste Erinnerung war, als wir The Bus Boys sahen, da war ich drei Jahre alt. Ich erinnere mich auch dran, mit fünf oder sechs Jahren Dwight Yoakam & Hank Williams III im Greek Theater in Hollywood gesehen zu haben. Als ich acht oder neun war, begann ich mit dem Klavierunterricht. Auch wenn ich das schnell kapierte, liebte ich es nicht. Der Tag, an dem sich für mich wirklich der Willen zum Spielen festigte war, als ich eine Band namens 44‘s beim Doheny Blues Festival sah. Da war ich zehn Jahre alt. Da wusste ich, dass ich Gitarre spielen wollte.<br /> Schon als ich die ersten Gitarrenstunden begann, liebte ich es. Mein erster Lehrer Dave Osborne war sehr ermutigend, er war nicht nur selbst ein großartiger Musiker, sondern auch ein fantastischer Lehrer, der mir dabei half, noch schneller voranzukommen. Inzwischen lerne ich, indem ich Blues- und Jazzgitarristen wie Gino Matteo, Chris Cain, Matthew Von Doren und Joe Bonammassa beobachte - oder auch Country-Picker wie Albert Lee. Ich hatte schon immer die Fähigkeit, einen Song zu hören und ihn dann sehr schnell selbst zu spielen. Das ist was, wofür ich sehr dankbar bin. Da hab ich wirklich Glück!
3: Du bist noch jung – haben sich Deine Freunde nicht gewundert, warum Du nicht Rap oder Rockmusik spielst?
Die meisten meiner Freunde wissen gar nicht, was genau ich eigentlich spiele. Sie wissen, das ich eine ordentlich erfolgreiche Band anführe, wissen aber nicht, was für eine Art Musik ich spiele. Ich weiß nicht, ich glaub, ich behalte das für mich. Ich bin mir nicht sicher, ob sie überhaupt wüssten, was Blues ist. Wir sind schon oft mit den Black Keys und den Black Crowes verglichen worden. Aber eine Menge von den Kids haben noch niemals von Größen wie Led Zeppelin, Humble Pie, Hendrix und Cream gehört. Und sie wissen auch nicht, dass das alles Blues ist.
Meine Band hat jetzt zwei Jahre hintereinander bei der Vans Warped Tour gespielt. Bei der Tour haben sie meistens Punk und Skabands. Aber wir haben jedes Jahr ein tolles Publikum gehabt – und sie mögen uns in den sozialen Netzwerken. Und so ist es cool, dass eine Menge Kids uns kennenlernen und mögen, was wir machen.
4: Wie wichtig ist Deine Familie als Unterstützung für Dich und die Band? Und wie hast Du Matt und Randon getroffen … in der Schule oder wo anders?
Ich hab weder Brüder noch Schwestern, so waren es immer nur ich, Mom und Dad. Wahrscheinlich ist das die Ursache, dass ich immer überall hindurfte und schon als Kind diese ganze Live-Musik erleben konnte. Noch immer verbringen wir eine Menge Zeit zusammen und haben ein ganz enges Verhältnis. Sie kommen zu all meinen Shows. Alle Eltern von der Band kommen zu den Konzerten mit und sie alle helfen mit, machen Fotos und Videos, verkaufen CDs und T-Shirts, reden mit den Fans, schleppen die Anlage, was Du willst. Diese Band ist wie eine einzige große Familie. Matt und Randon sind wie meine Brüder. Wir sind gesegnet und sehr dankbar.<br /> Ich traf Matt vor etwa drei Jahren bei einem kostenlosen einwöchigen Blues Sommer Camp namens „Blues Kids of America“, veranstaltet von einem Blues-Typen und Professor aus Chicago namens Fernando Jones. Dort war es, als ich lernte, mit einer Band zu spielen. Und das ist sehr anders, als wenn Du allein in deinem Schlafzimmer spielst. Seither hab ich eine Menge gelernt. Aber das Camp brachte mich dazu, mit einer Band zu spielen. Musikerziehung für Kinder ist so wichtig. Die Chase Walker Band spendet noch immer jedes Jahr, um Musik an Schulen zu unterstützen. Und auf unserer Homepage haben wir eine Seite, wo wir die Spendenaktion für Blues Kids of America unterstützen. Wenn es dieses Camp nicht gegeben hätte, würde ich jetzt wahrscheinlich nicht in einer Band spielen.<br /> Matt und ich hatten im Camp in einer Band zusammen gespielt. Und auch danach noch für ein paar Monate, bis diese Band anfing, zu viel Popmusik zu spielen. Da half ich ihnen, einen anderen Gitarristen zu finden und verließ die Band. Matt folgte bald danach und gehört seither zur Chase Walker Band. Randon traf ich an der Orange County School for the Arts. Ich hatte mich für paar Monate dort eingeschrieben während meines Freshman-Jahres an der Highschool. Er ist ein großartiger Bassspieler und bringt eine Menge Energie in die Band.<br /> Musikalisch machte es bei uns allen eigentlich schon im ersten Moment Klick - und inzwischen sind wir seit fast zwei Jahren zusammen.
5: Wie schaffst Du es, die Schularbeiten neben der Musik zu erledigen?
Während des Schuljahres fahren wir das mit der Musikkarriere ein wenig runter, damit ich mich auf die Schule konzentrieren kann. In der Vergangenheit hatten wir während des Schuljahres weniger Konzerte. Doch im letzten Jahr war es schwierig, kürzer zu treten, weil die Begeisterung über die Band wuchs und sich uns viele großartige Möglichkeiten boten. Dieses Jahr erscheint die CD im September und wird das für uns sicherlich ausgleichen. Ich will aufs College gehen, vielleicht aufs Berklee College of Music, nach Belmont oder möglicherweise die Thurnton School of Music an der USC - daher kommen jetzt meine Zensuren zuerst. Das ist hart, bedeutet aber eigentlich nur, dass ich gut organisiert sein muss. Ich nehm mein MacBook überall mit hin und manchmal mach ich meine Hausaufgaben im Auto oder im Flugzeug.
<strong>6: Auf welchen Deiner eigenen Songs bist Du besonders stolz? Kannst Du uns die Geschichte hinter dem Lied erzählen?</strong>
Songschreiben ist noch ziemlich neu für mich. Ich mach das erst seit etwas mehr als einem Jahr. Die meisten Menschen denken ja, das wäre ein rein kreativer Prozess, aber da gehört eine Menge mehr dazu und ist zu einem Teil Kreativität und zum anderen eine technische Frage. Natürlich mag ich es immer, wenn die Fans die Lieder mögen. Wir baten Fans, sich Songausschnitte von unserem neuen Album „Unleashed“ anzuhören und einen für die Vorabsingle vorzuschlagen. Das Ergebnis enthielt für uns sowohl gute als auch schlechte Neuigkeiten. Die gute Nachricht war, das fast alle Lieder Stimmen erhielten, was bedeutet, dass wir etwas richtig gemacht haben und die Leute die Lieder mögen. Die schlechte Nachricht ist: Wir müssen noch immer ein Lied auswählen. Am Ende lassen wir das Management die Entscheidung treffen.<br /> Ich glaub, ich hab zwei Favoriten. „Too Many Days Ago“ war Gewinner beim John Lennon Songwriting Contest. Daher bin ich sehr stolz auf das Lied. Aber am stolzesten bin ich wohl auf meinen Song „Need You Tonight“. Ich denke, das ist das am besten geschriebene meiner Lieder. Es geht um die unangenehme Zeit, wo man nicht weiß, wohin das Schiff einer Beziehung steuert oder Du vielleicht was falsches gesagt hast und Deine Freundin Dich mit Schweigen behandelt. Aber Du kannst einfach nicht aufhören, an sie zu denken. Für mich ist das immer nachts kurz vor dem Einschlafen der Fall, das ist der Moment, der mich am meisten verrückt macht, wenn der Kopf voller Ideen und Fragen ist. Daher schreib ich ziemlich viel in der Nacht.
7: Wenn Du Dich zum Schreiben hinsetzt, was kommt zuerst – der Text, die Melodie oder die Idee für ein ganzes Lied?
Das ist unterschiedlich. Manchmal hab ich ein Thema oder einen bestimmten Gegenstand im Kopf und beginne mit den Lyrics, die diese Geschichte erzählen. In anderen Momenten hab ich eine Melodie im Kopf und fange mit der Musik an und finde den Text später. Oder wie bei „DIY“ oder „STB“ lasse ich sie als Instrumentals stehen. Ich bin grad von einem Trip nach Nashville zurückgekommen. Ich hab bei vielen Writer Nights und Jams gespielt und hatte eine Show mit meiner supertalentierten Freundin Lily Nelsen. Das musikalische Können und die Songwritertalente in der Stadt sind einschüchternd und inspirierend zur gleichen Zeit. Wie ich schon sagte, auch wenn ich irgendeinen Preis für mein Songwriting gewonnen habe, bin ich dabei noch ziemlich neu und lerne täglich dazu. Und die Songs werden besser und besser.
8: Erzähl uns was über das Lieblingsinstrument in Deiner Sammlung. Gibt es irgend ein anderes Instrument, dass du gerne hättest oder spielen lernen möchtest?
Hahaha!!! Ich habe eine Bassgitarre, ein Keyboard, Trompete und Drums in meinem Studio zu Hause, so dass ich alles aufnehmen kann. Aber ich besitze 14 Gitarren. So könnte man mich wahrscheinlich einen Gitarren-Nerd nennen. Der wertvollste Besitz ist meine 1968er Gibson ES 335. Sie ist in perfektem Zustand und kam zusammen mit originalem Koffer und Preisschild. Sogar ein paar alte Saiten in der Originalverpackung waren dabei. Die Frau, von der ich sie kaufte, hatte sie von ihrem Vater geerbt. Die Gitarre sah aus, als ob er sie für eine Woche gespielt hat und sie dann für die nächsten 45 Jahre im Koffer vergaß, wo sie darauf wartete, bis ich sie spiele. Ich liebe alle meine Gitarren aber aus unterschiedlichen Gründen. Sie alle klingen ein wenig unterschiedlich. Ich liebe meine Fender Custom Shop Telecaster, die von John Cruz für Lucinda Williams gebaut wurde. Und gerade erst hab ich eine 1972er Ibanzez „Les Paul“ Lawsuit Gitarre gefunden, die fast genauso sweet und warm klingt wie meine 68er 335. Ich spiele über einen Custom Reverb Röhrenverstärker von Carp Amplification. Der arbeitet fantastisch – und die Verstärker sehen genauso gut aus, wie sie klingen. Fang gar nicht erst an, mich nach den Effektpedalen zu fragen …
Ich weiß nicht, ob das wirklich noch als Neuigkeit zählt, aber ich hab mir aus Nashville eine Resonator und einen neuen Slide mitgebracht und hab angefangen, das Slide-Spiel zu lernen und spiele da mit verschiedenen Sounds herum. Auch hab ich drüber nachgedacht, Mandoline zu lernen, um sie in meine Musik mit einzubauen.
9: Wo möchtest Du Deine Karriere gerne hinführen sehen in der Zukunft? Was sind Deine wichtigsten Ziele?
Hoffentlich kann ich weiterhin meine Fanbasis ausbauen, was es mir erlauben würde, auf größeren Festivals und anderen Orten der Welt spielen zu können. Zur Zeit spielen wir zwischen 30 und 50 Konzerten im Jahr und zusammen mit der Schule hält mich das ganz schön beschäftigt. So lange Musik Spaß macht und ich mich inspiriert fühle, werd ich fortfahren, Musik zu schreiben und zu spielen. Wer weiß, wo mich dieser Pfad noch hinführen wird. Ich bin mir jedenfalls ganz sicher, dass ich für lange Zeit im Musikbusiness sein will, auf die eine oder andere Weise. Das bedeutet: College und jede Menge über das Musikmachen und die Musikindustrie zu lernen. Ich nutze jede Gelegenheit, die ich bekomme, um Menschen zu treffen und von ihnen zu lernen. Die Industrie verändert sich zur Zeit derartig, dass ich angefangen haben, Songwriter-Konferenzen und die ASCAP Konferenz in jedem Jahr zu besuchen. Ich hab riesiges Glück, dass ich von einigen großen Talenten lernen kann. Die Musik-Community insgesamt hat mich sehr unterstützt und mir geholfen, eine Menge zu lernen. Dafür bin ich sooo dankbar!
<strong>10: Was machst Du außerhalb der Musik am liebsten?</strong>
Es gibt etwas anderes als Musik? Hahaha! Nicht für mich. Meine Mutter, die keine Musikerin ist, macht immer den liebevollen Scherz: „Du hast endlich das Alien-Mutterschiff (die Musik) gefunden, wo Du (und alle anderen Musiker) herkommen müssen.“ Ich hab meinen Weg gefunden, und der ist mit der Musik.<br />