Im Film „The Commitements“ ist er so etwas wie eine abwesende Vaterfigur: Die Erwartung, dass Wilson Pickett mit der langsam zu lokalem Ruhm gekommenen Soulband aus Dublin jammen will, hält die Streitenden zusammen und lässt sie von einer großen Karriere träumen. Doch Pickett erscheint nicht. Dabei hatten die jungen Musiker davon geträumt, mit ihm gemeinsam Hits wie „In The Midnight Hour“ oder „Mustang Sally“ zu spielen. Erst nach dem großen Krach, als alle schon auseinander gelaufen waren, kommt doch noch eine Limousine. Der Klub allerdings ist geschlossen. Der Star steigt nicht mal aus.
Als Alan Parkers Film 1991 in die Kinos kam, war der Star der 60er gerade in die Rock ’n‘ Roll Hall of Fame aufgenommen worden. Das war eines der angenehmeren Kapitel seines späteren Lebens. Seit den 80er Jahren war er immer wieder wegen Alkohol und Gewalttätigkeiten vor Gericht und mehrfach im Gefängnis. „Wicked Pickett“ war schon in den 60er Jahren ein völlig unberechenbarer Künstler, der auch schon mal Streitigkeiten mit Schusswaffen regeln wollte. Seine Gewaltausbrüche haben vielleicht einen Grund in seiner Kindheit.
Geboren wurde Wilson Pickett am 18. März 1941 in Prattville, Alabama als jüngstes von 11 Kindern, die schon früh auf dem gepachteten Baumwollfeld der Familie mithelfen mussten. In der Kirche seines Großvaters begann er schon als Kind Gospel zu singen. In den 50er Jahren zog er mit seinem Vater nach Detroit, um seiner gewalttätigen Mutter zu entfliehen. Diese hatte ebenso wie der Großvater Prügel als regelmäßige Erziehungsmethode eingesetzt. Daran war letztlich auch die Ehe seiner Eltern gescheitert.
In der Autostadt schloss sich Pickett der Gospelgruppe Violinaires an. Doch wenige Jahre später verließ er sie, um gemeinsam mit The Falcons Rhythm & Blues zu singen. Nach einem lokalen Mini-Hit startete er auf Anregung eines Produzenten 1963 seine Solokarriere.
Diese kam richtig in Gang, als er 1964 von Jerry Wexler einen Vertrag bei Atlantic angeboten bekam. Dort erschien 1965 sein erster großer Hit „In The Midnight Hour“, der in Memphis mit der Hausband von Stax aufgenommen wurde. Bis zum Oktober 1965 entstanden weitere mittlerweile legendäre Aufnahmen in den Staxstudios, unter anderem „6345789“ oder „Ninety-Nine and A Half (Won’t Do)“. Einige dieser Hits hatte Pickett selbst oder gemeinsam mit Streve Cropper oder Eddie Floyd geschrieben.
Als Stax-Chef Jim Stewart im Dezember 1965 allerdings beschloss, künftig keine Produktionen für labelfremde Künstler zu machen, zog Pickett für die nächsten Aufnahmen in die Fame-Studios in Muscle Shoals. Dort entstanden mit der Band des Studios weitere Hits wie „Mustang Sally“, „Funky Broadway“ und „Land of the 1000 Dances“. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere bei Atlantic verließ er das Label und unterzeichnete 1973 bei RCA. Diese Entscheidung allerdings sollte er schon bald bedauern. Nur noch eine Single aus dieser Zeit gelangte in die Popcharts. Dann ging es zunächst mit seiner Popularität bergab. Dies hatte allerdings auch damit zu tun, dass die aufkommende Disco-Welle das Interesse am klassischen Soul bei den Singlekäufern sinken ließ. Pickett allerdings veröffentlichte weiterhin regelmäßig Alben und tourte.
Ab den 80er Jahren machte er allerdings mehr mit seinen Gerichtsverhandlungen als durch seine Musik von sich reden: Er verprügelte Bandmitglieder, Manager und andere. Und als er einen mit einer Schusswaffe bedroht hatte, wurde er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. 1987 musste er nach einer Prügelei mit seiner Band gar ins Krankenhaus eingeliefert werden. Außerdem wurde er zu einem starken Alkoholiker, der 1992 betrunken einen Rentner überfuhr. Dies brachte ihm eine weitere Gefängnisstrafe ein. Weitere Inhaftierungen folgten, als er seine Freundin verprügelte und wegen des Besitzes von Kokain.
Erst 1999 kam er wieder zu Aufnahmen in ein Studio. Das Album „It’s Harder Now“ brachte ihm neben einer Grammy-Nominierung auch noch diverse andere Auszeichungen ein. Und im Film „Blues Brothers 2000“ nahm er gemeinsam mit Johnny Lang und den Blues Brothers eine Neufassung von „634 5789“ auf.
Bis 2004 war er konstant auf Tour. Dann allerdings zwang ihn seine nachlassende Gesundheit zum Ruhestand. Am 19. Januar 2006 starb er nach einem Herzinfarkt in Reston, Virginia. Sein nach dem gesundheitlichen Zusammenbruch oft geäußerter Plan, ein Gospelalbum zu veröffentlichen und damit zu seinen Wurzeln zurück zu kehren, blieb unverwirklicht.