Vorbemerkung: Als ich diese Rezension schrieb, war die Ungewissheit noch groß. Inzwischen hat Walter Trout eine neue Leber bekommen. Und nach den Nachrichten seiner Frau Marie scheint er sich gut von dieser Operation zu erholen. Diese Nachrichten machten schnell die Runde im Netz und machten deutlich, wie wichtig vielen Menschen Walter Trout als Musiker und Mensch ist. So eine Anteilnahme ist überwältigend.
 

Album des Monats Juni 2014 bei der „Wasser-Prawda“

Als Alan Nimmo Walter Trout seine Version von „Old Love“ beim Bluesfest in Eutin widmete, da rührte er mit einem umwerfenden Solo zu Tränen: Überall auf der Welt sind Bluesfans und Musikerkollegen in banger Erwartung, ob Trout rechtzeitig eine Spenderleber bekommen und seine schwere Krankheit überwinden kann. Doch er selbst zeigt mit seinem neuen Album, wie viel Power noch immer in ihm steckt – und dass er so einfach nicht aufgeben wird.

Als ich erstmals die Gitarre von Walter Trout hörte, war das auf einem Live-Album von John Mayall, aufgenommen in den 80ern irgendwo in Westdeutschland. AMIGA hatte die Scheibe als Teil ihrer großartigen „Blues Collection“ auch im Osten veröffentlicht. Damals gehörten die Gitarren von Trout und Coco Montoya zum Sound der Blues Breakers und zogen mich in ihren Bann. Später stieß ich dann auf Samplern auf Solo-Aufnahmen Trouts und war weniger begeistert. Für mich war das zu laut, zu deftig und zu rockig.

Erst mit Alben wie „Blues For The Modern Daze“ oder seinem grandiosen Tribut für Luther Allison entdeckte ich, wie großartig er als Gitarrist und auch als Songwriter eigentlich ist.Und jetzt geht sein Album gleich mit einem Hammer los: „Wasting Away“ ist eine Kampfansage. Auch wenn der Körper verfällt – Trout kämpft weiter. Auch in dem düsteren „The Bottom Of The River“ wird das deutlich: am Grunde des Flusses, im Angesicht des Todes findet der Mann in der erzählten Geschichte die Kraft, um zum letzten Mal weiter zu kämpfen um das Leben mit all seinen Schönheiten.
Einer der prägendsten Gäste auf dem Album ist John Mayall. Nicht nur hat er mit dem Instrumental „Mayall‘s Piano Boogie“ ein eigenes Stück mit ins Studio gebracht. Vor allem beim Titelsong spielt er die Hammond mit der Vehemenz eines Gospelorganisten und liefert damit die entscheidende Zutat, um aus dem Lied eine herausragende Nummer zu machen.

Am Ende der CD dann noch ein berührend schönes Liebeslied: „Nobody Moves Me Like You Do“ hat Walter Trout seiner Frau Marie gewidmet, die ihm all die Jahre – und jetzt besonders – zur Seite steht und ihm Kraft gibt. Schöner kann man solch ein Album eigentlich kaum beenden.

Ganz ohne Krankeits- oder sonstige Bonuspunkte: „The Blues Came Callin“ ist das Beste, was Walter Trout in den letzten Jahren veröffentlicht hat. So ehrlich, persönlich und voller Kraft sollten eigentlich alle Bluesalben sein! (Provogue)