Ist es möglich, dass die besten Jazzplatten zur Zeit die sind, denen man nicht auf den ersten Metern schon anhört, dass sie Jazz sind? Das zweite Album der kalifornischen Bigband The Urban Renewal Project beginnt zwischen Samba und Funk. Später kommen auch noch afrikanische Rhythmen, Hiphop, ein wenig Blues und jede Menge Soul dazu. Was fehlt: die akademische Bräsigkeit oder die gepflegt blasierte Langeweile, die Jazz-Festivals für mich in den letzten Jahren so vernachlässigbar gemacht haben.
Wo anfangen? Vielleicht zuerst mit Aubrey Logan, Sängerin und Posaunistin. Wenn sie beim Opener „My Own Way“ loslegt, hat sie einen sofort gefangen: Anfangs meint mein, hier eine großartige Soulsängerin zu vernehmen. Doch im Laufe des Songs zeigt sie sich auch noch als scattende Vokalartistin mit einem Tonumfang, der in den höchsten Lagen die Gläser zum Vibrieren bringt. Und überhaupt dieses Lied: Es beginnt als Mixtur aus Soul und Samba, wird zwischendurch zum Hiphop, bevor die Band dann noch alle möglichen Jazzstile in ihren Improvisationen erklingen lässt.
The Urban Renewal Project lässt keine Zweifel aufkommen: Ob Swing, ob Funkjazz, Highlife oder welche Zwischenformen auch immer: Hier wird mit einer Energie und Spielfreude musiziert, die dem Hörer keine Chance lässt, ruhig auf seinem Sitz zu bleiben und gepflegt seinen Cocktail zu nippen. Das ist Jazz zum Tanzen, nicht für akademische Debatten und Analysen. Obwohl die Gelehrten hier auch genügend zum analysieren finden würden.