Das Abgleiten des Naturschutzes in den Terrorismus haben sich schon etliche Autoren als Thema gesetzt. Meist ist das mit recht wenig wissenschaftlicher Akkuratesse und dafür jeder Menge Phantasie geschehen. Ich erinnere hier nur an Operation Rainbow von Tom Clancy, wo Naturschützer bei den Olympischen Spielen einen genmanipulierten Ebola-Virus freisetzen wollten, um die Menschheit im wesentlichen auszurotten. Michael Crichton kann man mangelnde Beschäftigung mit den wissenschaftlichen Grundlagen in seinem „Welt der Angst“ nicht vorwerfen.
Der Plot ist aktuell: Wie ist das eigentlich mit der Klimaerwärmung und dem von den meisten Wissenschaftlern vorausgesagten Anstieg des Meeresspiegels? Der drohende Untergang von pazifischen Inselstaaten wie Tuvalu wird immer mal wieder in der Presse als kommende Tatsache geschildert. Und die weltweite Umweltgesetzgebung nimmt teilweise regelrecht absurde Züge an.
Was wäre eigentlich, wenn diese ganze Klimahysterie nur von einer Verschwörung von Umweltschützern geschürt würde, denen es nur um die Sicherung von immer höheren Zuschüssen für ihre Forschungsarbeiten geht. Was wäre, wenn die zur Untermauerung ihrer Thesen letztlich selbst Naturkatastrophen auszulösen bereit wären, weil ihnen die Natur den Gefallen eines ansteigenden Meeresspiegels nicht tut? Das ist grob gesagt Crichtons Plot. Geplant ist nicht nur die Absprengung des größten Eisbergs der Welt, sondern auch die Verstärkung von Gewittern und gar die Auslösung eines Tsunamis an der kalifornischen Küste durch einen unterseeischen Erdrutsch. Jede Menge Gefahren drohen also.
Wie in jedem guten Verschwörungssthriller sind da die Bösen – in diesem Falle nicht nur die Ökoterroristen, sondern vor allem die als Umweltschützer auftauchende Vereinigung von Prozessanwälten, die weltweit Stimmung für den Klimawandel machen, um letztlich die Möglichkeit für immense Schadensersatzklagen zu haben. Und man hat die wenigen Guten, die unter Gefahr für Leib und Leben diese Verschwörung zu Nichte machen und die Erde retten. Da sind der Multimillionär und seine schöne Assistentin, sein Anwalt und der gehemnisvolle Professor Kenner, der die Spuren der Terrorsten im Internet und weltweit verfolgt.
Untermauert wird die spannende Story, die in allen möglichen Ecken der Welt von den isländischen Gletschern über das Schelfeis der Antarktis bis hin zu pazifischen Inseln zu und dem umweltverrückten Kalifornien spielt, durch jede Menge Auszüge aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Klimawandel. Und vor allem eben auch aus Veröffentlichungen, die einem solchen menschengemachten Temperaturanstieg kritisch gegenüber stehen.
Bei Crichton, der seine Warnung vor einer politisierten Wissenschaftsgläubigkeit im Anhang darlegt – und seltsame Vergleiche zwischen der Eugenik und den heutigen Klimawarnern in Wissenschaft und Politik zieht – kann man davon ausgehen, dass er an den Klimawandel – und vor allem an den drohenden Anstieg der Meere nicht zu glauben bereit ist. Dafür gibt es bei unvoreingenommener Lektüre der entsprechenden Veröffentlichungen ja auch kaum wirklich sichere Beweise – nur Computermodelle, die in ihren verschiedenen Ergebnissen meilenweit oneinander abweichen. Viel eher als durch die CO2-Belastung der Atmosphäre wird, so die Überzeugung des Autors, der Klimawandel durch die zunehmende intensivere Landnutzung angetrieben. Und wenn eine Reduktion der Emissionen gefordert werde im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung so geschähe das im Wesentlichen darum, weil der Westen den Entwicklungsländern eine industrielle Entwicklung nicht gönne. Das, um es kurz zu sagen, ist ganz schön harter Tobak.
Aber wenn ein Roman schockieren muss, um wirklich wirksam zu sein, so kann man dies Crichton nicht absprechen. Das tut er sicherlich. Ob und wie weit er selbst sich bei der Beurteilung seiner Quellen hat in die Irre führen lassen, das ist mir nicht klar. Doch das kann der interessierte Leser gern nachvollziehen in den Anmerkungen und der kommentierten Bibliografie. Die ist es letztlich, die den Roman aus den üblichen Schmuddel-Thrillern heraushebt: jeder hat die Chance, dem Autor in die Karten der Arbeit zu schauen und die Ergebnisse zu prüfen.