Die Bemerkungen kommen scheinbar beiläufig: Ob nun alleine oder in der Bar – ohne die Frau die ihn verlassen hat, ist der Alltag bestenfalls noch in Grautönen wie bei einem alten Schwarzweißfilm. Jeglicher Glanz ist verschwunden aus der kleinen Stadt, aus dem Leben. „Without Her“ ist nur einer der Songs, die manche Kritiker zu Vergleichen Cleaves mit William Faulkner hinreißen. Kleine, alltägliche Beobachtungen verschmelzen zum Bild eines Alltags, der gleichzeitig den Anschein höchster Realitätsnähe erweckt und doch auch überall die Handschrift eines Künstlers trägt. Am beeindruckendsten gelingt Cleaves das im Porträt eines Kriegsveteranen im Titelsong: Hier ist ein Mensch, der seit Jahren schon aus dem Krieg zurück ist und doch noch immer in seinem Kopf im Kampf ist. Hier geht der Krieg nie zu Ende. Die scheinbar heile Welt der Heimat hat ihn nicht wieder aufnehmen können. Denn manche Verletzungen sind unheilbar – und zeigen sich vor allem nicht durch plakative Narben.
Ähnlich wie Springsteen, Billy Bragg oder Tom Petty schreibt Cleaves konsequent aus den Perspektive der unteren Mittelklasse, von den Problemem im ehemaligen Automobilland, dem Rust Belt, von den Weiten Texas‘ oder dem nicht zu besiegenden Glauben, dass man das Gold am Ende des Regenbogens doch eines Tages erreichen wird. Und die Musik dazu: ein wenig Folkrock, eine Menge Americana, manchmal reinsten Country – und keine falsche Sentimentalität.
„Still Fighting The War“ ist ein unbedingt hörenswertes Album. Slaid Cleaves hat mit den 13 Songs eine Momentaufnahme der Vereinigten Staaten geschaffen, die überzeugender wirkt als die letzten Nachrichten aus Gods Own Country. (Music Road/rough trade)