Blues ist die Musik der Straße, lautete eine Aussage des aus dem Norden Mississippi stammenden Sängers und Gitarristen R.L. Burnside. Das meint einerseits: Der Blues reflektiert das Leben in seiner ganzen Größe und Dreckigkeit, senen Schönheiten und den Tiefschlägen. Das meint aber auch: Wenn der Blues diese Welt darstellt, dann muss er sich auch musikalisch weiterentwickeln, um von späteren Generationen wahrgenommen zu werden. Und so hatte Burnside, einer der letzten „klassischen“ Bluesmen keine Probleme, Platten mit Indie-Rockbands wie der Jon Spencer Blues Explosion einzuspielen, oder seine Aufnahmen von DJs remixen und elektronisch verfremden zu lassen.
Geboren wurde Robert Lee Burnside am 23. November 1926 in Harmontown, Mississippi. Und er blieb so ziemlich sein Leben lang im Norden dieses Bundestaates, wo er sich hauptsächlich als Pächter oder Fischer durchschlug. Doch daneben begann er schon als Jugendlicher Gitarre zu lernen. Haupteinfluss für ihn war Mississippi Fred McDowell, dem er bei Auftritten immer wieder auf die Finger schaute. Doch auch sein angeheirateter Cousin Muddy Waters war anlässlich eines Aufenthaltes in Chicago eine große Inspiration, wenn die beiden auch nie zusammen gespielt haben sollen.
Chicago wurde für ihn zu einem Trauma. Nicht nur, dass die gutbezahlten Jobs nicht zu finden waren. Innerhalb nur eines Monats wurden sein Vater, ein Bruder und ein Onkel in dieser Stadt ermordet. Darauf bezog er sich später etwa in seiner Interpretation von Skip James „Hard Times Killing Floor Blues“ und auch noch in „R.L.s Story“. Beide Stücke finden sich auf dem Album „Wish I Was In Heaven Sitting Down“. Burnside kehrte also nach Mississippi zurück, um weiter in der Landwirtschaft zu arbeiten.
Doch auch musikalisch wurde er wieder aktiv. So kam es in den 60er Jahren zu ersten Aufnahmen für einen von Arhoolie veröffentlichten Sampler über Blues in Mississippi. Damit wurde er in Insiderkreisen bekannt und konnte die ersten Tourneen machen, die ihn in den 70er Jahren vor allem nach Europa führten.
So richtig in Schwung kam Burnsides Karriere allerdings erst in den 90er Jahren, als er gemeinsam mit Jon Spencers Bluesexplosion auf Tourneen ging. Damals begann auch seine lange Zusammenarbeit mit dem Label Fat Possum, das sich besonders dem rauhen Juke-Joint-Blues im Norden Mississippis verschrieben hatte. Alben wie das mit Spencer eingespielte „A Ass Pocket of Whiskey“ oder das mit Samples, Loopes und anderen Club-Tricks versehene „Wish I Was In Heaven Sitting Down“ wurden von der Kritik und vom Publikum endlich wahrgenommen – wenn auch seine Experimente nicht alle glücklich machten.
Doch Burnside zählte sowieso nie zu den Vertretern einer reinen zwölf-Takte-Lehre. Je nach Erfordernis des Songs konnten da auch Takte weggelassen oder hinzugefügt werden, unterbrachen Breaks den Fluss… er nannte das Burnside-Stil.
Am 1. September 2005 starb R.L.Burnside, nachdem er bereits seit 1999 wegen einer Herzkrankheit sich mehr und mehr aus dem Musikbusiness zurückgezogen hatte.