Keine Spur vom „verflixten siebenten Jahr“: Mit der 7. Bluesnacht im vorpommerschen Dörfchen Düvier hat der Trägerverein Klangfest e.v. die Veranstaltung endgültig auf die Blueslandkarte in Deutschland gesetzt. Auf der Bühne der Dorfkneipe spielten am 4. November Henrik Freischlader mit seiner Band und der dänische Songwriter und Gitarrist Mike Andersen.

Schon kurz nachdem das Programm bekannt war, waren die Karten für die Bluesnacht auch schon ausverkauft. Und die rund 200 Besucher erlebten ein Konzert, das man nur als absolut großartig bezeichnen kann.

Henrik Freischlader ist live nach seinem Trio-Album „Openness“ und dem All-Star-Projekt „Blues for Gary“ jetzt terminbedingt wieder bei  der alten Quartett-Besetzung angekommen. Nur dass eben jetzt neue Musiker an Keyboard, Bass und Schlagzeug mit ihm durch die Clubs in Europa unterwegs sind. Am Anfang seiner aktuellen Tour stand gar eine siebenköpfige Band mit zweiter Gitarre, Saxophon und Backgroundsänderinnen auf den Bühnen. Nachdem Freischlader allerdings krankheitsbedingt einige Termine hatte absagen müssen, hatten einige der Musiker ihre Pläne schon wieder geändert.

Auf dem Tourprogramm stehen so großartige alte Songs wie „Too Cool For Me“ oder „The Bridge“ neben vereinzelten Covern etwa von Peter Greene („I Loved Another Woman“). Klar gibt es jede Menge großartiger Gitarrensolos bei dem Auftritt. Doch niemals erweckt Freischlader den Eindruck, in jeder Sekunde seine technische Brillanz unter Beweis stellen zu wollen. Wichtig sind die Songs und deren Stimmungen, die gezielt verstärkt werden. Besonders beeindruckend beim Konzert das Zusammenspiel von Gitarre und Keyboard. Hier fühlt sich der ältere Zuhörer gleich zurückversetzt in die 70er Jahre: Spielfreude pur!

Überhaupt scheint Freischlader mittlerweile auf einem Weg zurück in die Vergangenheit zu sein. Aus dem sozialen Medien hat sich der Musiker zurückgezogen. Und auf der Homepage sieht man momentan nur noch die aktuellen Konzerttermine. Das Tour-Shirt zeigt einen Fernseher, dessen Netzstecker gezogen wurde: Wichtig sind die „echten“ Erlebnisse und Begegnungen. Live-Konzerte sind halt etwas anderes als Videos bei Youtube oder von der DVD. Nur hier kann man direkt mit den Musikern ins Gespräch kommen. Und wenn man gemeinsam mit anderen Fans dichtgedrängt vor der Bühne abtanzt, dann ist das ein ganz anderes Erlebnis als der einsame Abend vor dem PC.

Und hatte Henrik Freischlader mit seiner Band die Stimmung schon gehörig angeheizt, so bringt sie Mike Andersen schon von den ersten Noten an regelrecht zum Überkochen: Hier steht ein Songwriter auf der Bühne, der seine alltäglichen Geschichten mit so viel Wärme, Humor und vor allem scheinbar anstrengungsloser musikalischer Großartigkeit erzählt, dass es einem fast den Atem verschlägt. Jedenfals dann, wenn man Andersen bislang noch nie live oder auf Platte gehört hat. Diejenigen, die ihn schon kennen, lernen ihn in Düvier allerdings auch noch von bislang unbekannten musikalischen Seiten kennen. Auf dem Programm stehen hauptsächlich Songs seines neuen Albums „Devil Is Back“, dass gerade in Deutschland bei Freischladers Label Cable Car Records erschienen ist. Und da findet sich neben dem zu Recht erwarteten Blues und Soul auch Rock a la Rolling Stone und folkige Klänge.

Großartig beispielsweise, wie Andersen und seine Kollegen für „Boyhood Friends“ allein mit akustischer Gitarre und einem einzelnen Mikrofon Erinnerungen an den Satzgesang etwa von Crosby Stills Nash & Young oder deren Zeitgenossen weckten. Allein diese sympathische Kindheitsgeschichte ist meiner Meinung nach schon fast den Kauf des neuen Albums wert. Wobei die Live-Version in Düvier noch wesentlich besser rüberkam als die Studiofassung.

Das begeisterte Publikum in Düvier wollte Andersen jedenfalls nicht mehr von der Bühne lassen. Irgendwann stieg dann Henrik Freischlader noch mit ein für eine grandiose Version von „Sweet Tooth“. Und danach standen beide Bands gemeinsam auf der Bühne und servierten eine Jamsession vom Feinsten.

Für mich zählt Mike Anderssen zu den besten Songwritern im Blues & Soul in Europa. Und im Konzert ist er als Entertainer eindeutig eine Klasse für sich. Wer die Chance hat, ihn während seiner derzeitigen Record-Release-Tour zu erleben, sollte diese Chance unbedingt nutzen. Die aktuelle Tour von Freischlader ist leider mittlerweile schon zu Ende. Aber er hat versprochen, im nächsten Jahr auch einmal nach Greifswald zu kommen.