Er sieht sich als Letzten in der Reihe – Zeitgenossen von Chess Records wie Muddy Waters, Sonny Boy Williamson II, Howlin Wolf oder auch andere Größen des Blues wie B.B. King oder selbst jüngere Bewunderer wie Stevie Ray Vaughan sind längst nicht mehr von dieser Welt. Doch Buddy Guy ist mit über achtzig Jahren noch immer ganz schön lebendig. Und seine Gitarre kann auch heute noch sich schneidend ins Ohr fräsen oder lyrisch einschmeicheln. Mit Songwriter/Drummer/Produzent Tom Hambridge hat Buddy Guy jetzt ein neues Studioalbum auf den Markt gebracht, das viele jüngere Musiker einfach alt aussehen lässt.

Schon vor mehr als 15 Jahren sang Buddy Guy davon, dass er alt geworden sei. Und machte gleichzeitig mit der schneidenden Schärfe seiner Gitarre allen klar, dass er noch immer jünger klingen konnte als die Angehörigen der nächsten zwei Generationen.

Das Gefühl, der Letzte einer großen Tradition zu sein („Last of the Line“), Fragen des Alters und der Hoffnung auf noch einige gute Jahre („A Few Good Years“, „When My Day Comes“) ziehen sich wie ein roter Faden auch durch das neue Album. Wobei am Ende ein Tag kommen wird, wo einen der Blues verlassen wird, weil dann auch dieses Leben mit all seinen Härten und Schwierigkeiten an sein Ende gekommen ist. Im Himmel wird es zwar Musik geben, doch die handelt dann nicht mehr vom Leid, von Niederlagen oder Schmerz („Blue No More“).

Er betrachtet sich mit seinem Blues als altmodisch – doch wenn er Gäste im Studio hatte für das neue Album, dann klingt er so jung und unverbraucht wie eh und je. Neben den polierten Gitarrenlinien von Jeff Beck und dem altertümlichen Spiel von Keith Richards wirkt die Stratocaster von Guy regelrecht modern („Cognac“). Und Mick Jagger versucht mit seiner Bluesharp gar nicht erst, den Status des ewigen Schülers abzustreifen. Wobei er mit der Mundharmonika wohl über die letzten Jahrzehnte einfach unterschätzt worden ist. Erst mit dem Rückkehr der Stones zum alten Blues, wurde wieder in Erinnerung gerufen, wie gut er auf diesem Instrument wirklich ist („You Did The Crime“).

Ganz klar: Der Blues ist bei Buddy Guy wirklich noch äußerst lebendig und zeigt keine Spuren von Altersschwäche. Insgesamt ist „The Blues Is Alive And Well“ ein sicherer Kandidat für die Alben des Jahres 2018. Guy spielt vielseitig und zeitweise gar entfesselt. Und damit könnte dieses Album durchaus auch Jugendliche mit einer Musik infizieren, die leider in den Medien heutzutage kaum noch stattfindet. Unbedingt empfehlenswert!