Chicago kennt man als eine der Hauptstädte des Blues. Als Zentrum der Soulmusik fällt einem die „Windy City“ dagegen eigentlich nicht ein. Allein ein Sänger wie Otis Clay sollte allerdings ausreichen, diesen Ruf zu verändern.
Doch diese Welt ist nicht wirklich gerecht. Mit dem 1998 erschienenen Album „This Time Around“ versuchte der 1942 geborene Sänger so etwas wie ein Comeback, nachdem seine größeren Erfolge schon in den späten 60ern und frühen 70er Jahren des 20. Jahrhunderts lagen.
Eigentlich könnte das Rezept gut funktionieren: Man nehme einen Produzenten, der einem schon früher Hits produziert hat (in Clays Fall ist das Willie Mitchell) talentierte Songschreiber, packe dazu eine rhythmisch stabile Band, einen fetten Bläsersatz und ne Schar netter Sängerinnen im Background. Und schon kommt ein prima Soulalbum heraus, das die Leute vom Hocker reist. Doch das hat mit Clays Album nicht funktioniert. Guter Soul ist zwar zeitlos – doch außer vielleicht in Japan wird niemand zum Star, der ungefähr als Mischung zwischen dem Predigtstil von Al Green und Anklangen an Otis Redding daher kommt. Schon gar nicht, wenn die Stücke wie „You Never Miss Your Water“ zwar großartig sind, aber zum Tanzen ebenso wenig geeignet sind wie viele der besten Stücke etwa von Solomon Burke. Deep Soul ist nicht unbedingt Dicotauglich, dafür aber umso eindringlicher und herzerweichender.
Doch wer sich Zeit nimmt zum Hören auf dieses Album, der wird seine Freude daran haben. Clay ist ein Sänger, der nicht nur in Japan Tausende von Fans haben sollte. Heute sind solche Stimmen leider viel zu selten zu hören.
Und vielleicht kommt ja auch mal einer auf die Idee, ihm einen richtigen Tanzflächenkracher zu schreiben – dann klappt das auch mit den Hits. Sharon Jones und die Dapkings sind das perfekte Beispiel dafür aus der Gegenwart.
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