Manche Musiker entdecken auf ihre alten Tage den Blues (neu). Nina Hagen überrascht 2010 mit „Personal Jesus“, einem Gospelalbum. Und wer die Sängerin nicht nur als alberne Ulknudel abzutun bereit ist, wird eine Menge Freude an den 13 Coverversionen der Platte haben.

Erstmals hörte ich den Namen Nina Hagen irgendwann in der 4. Klasse. Damals war sie grad mit Wolf Biermann und ihrer Mutter Eva-Maria Hagen in den Westen verschwunden. In einem Witz hieß es, sie sei zurück gekommen. Sie hätte den Farbfilm vergessen. Diesen Schlager kannte ich damals noch nicht. Und so konnte ich auch wirklich nicht lachen. Paar Jahre später bohrte sich ihre Stimme in meine Gehörgänge und hat mich seither nicht losgelassen. Ich verfolgte sie von ihrer Zarah-Leander-Phase über die Ufo-Manie bis hin zum völligen Klamauk. Doch es gab immer einzelne Lieder, die in Erinnerung blieben. Etwa ihre Vertonung des Vaterunsers auf die Melodie von Chatchaturjans „Säbeltanz“ auf „In Extase“. Damit konnte man im Internat herrlich ganz fromme Klassenkameraden ärgern: Runter auf die Knie und gebetet wie noch nie. Und auch ihre deutsche Version von „Spirit In The Sky“ war mehr witzig als wirklich gut christlich.

Und jetzt das: Ein ganzes Album voller christlicher Lieder. Und Nina Hagen macht nicht mehr auf kosmisch angerührte, von Buddha geküsste und Außerirdischen entführte Göre sondern gibt sich als frisch getaufte Christin. Die Liedauswahl von „Personal Jesus“ hat schon zu bösen Kritiken geführt: Wie kann sie es wagen, das von Johnny Cash gültig gecoverte „Personal Jesus“ anzurühren? Klar kann sie es – und macht es so schlecht auch nicht. Besser allerdings sind die nicht so bekannten Nummern der Platte wie „I’ll live again“ oder „Sometimes I ring up Heaven“ oder das schlichte Country-Lied „Down at the Cross“. Hier ist es vor allem die unvergleichliche Stimme, die einen einerseits anrührt und andererseits immer wieder erstaunt zurückschauen lässt: Ist das wirklich die gleiche Frau, die früher mal „Aufm Bahnhof Zoo“ oder „TV-Glotzer“ gesungen hat und damit eine der wichtigsten deutschen Platten der Popgeschichte abgeliefert hat?Ja, sie ist es wirklich. Und eigentlich konnte man so überrascht nicht sein, dass sich die Hagen in den letzten Jahren musikalisch immer weiter in Richtung Vergangenheit bewegt hat. Schon ihre Bigband-Scheibe war dafür ja mehr als deutlich.

Musikalisch kann man also nicht wirklich die musikalische Revolution erwarten. Doch wer wie ich immer Ausschau auch nach christlicher Musik hält, der kann diese Platte nur begrüßen: Es macht einfach Spaß, hier zu zu hören. Denn wenn Nina Hagen von ihrem Gott singt, dann ist das einer, der durchaus auch was für schräge Typen und ausgelassene Parties übrig hat. Hallelujah! Vielleicht erlebt man sie ja tatsächlich mal beim nächsten Kirchentag…

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