Der älteste Sohn von Muddy Waters hat mit „Son of the Seventh Son“ sein weltweites Plattendebüt vorgelegt. Das Album ist eine würdige Referenz an den Chicago-Blues des Vaters mit neuen Songs. Unser Album des Monats Mai.
Zuerst musste ich dreimal genau hinhören. Dann schaute ich auf das Cover und kam gleich wieder ins Grübeln: Nein – das ist eindeutig kein bislang unbekanntes Album von Muddy Waters! Doch wenn man Mud Morganfield mit seinem Vater vergleicht, dann hat er sich das selbst zuzuschreiben. Und er kann darauf wirklich stolz sein.
Erst seit etwa 2008 ist Mud als Sohn seines Vaters in Sachen Blues in der ganzen Welt unterwegs. Und für seine Konzerte in Russland, England oder bei so wichtigen Festivals wie dem Chicago Blues Fest erhielt er jubelnde Kritiken.
Geboren wurde er 1954 und erhielt zunächst den Nachnamen seiner Mutter. Gelernt hat er zunächst schon als Kind Schlagzeug. Später kam dann noch der Bass hinzu. Und Mud begann irgendwann auch damit, Songs zu schreiben, die genau in den klassischen Chicago-Blues der 50er und 60er passen ohne billige Kopien der Songs von Willie Dixon oder Muddy Waters zu sein.
Und so ist „Son of the Seventh Son“ ist ein herausragendes Beispiel, wie man den Chicago-Blues heute spielen kann, ohne ständig die Klassiker zu wiederholen: Der Bandsound (unter anderem mit Produzent Bob Corritore an der Bluesharp und Gitarrist Rick Kreher, der zu Muddys letzter Band gehörte) ist ganz klassischer Chicago-Blues mit Piano, Gitarren, Bluesharp und einer dezent groovenden Rhythmusgruppe. Und man merkt es, dass hier ein paar der besten Musiker der Szene zusammengekommen waren. Denn hier ist eine Spielfreude zu merken, die man in den letzten Jahren selten gehört hat. Da spielen sich Klavier (Barrelhouse Chuck) und Bluesharp (neben Corritore vor allem Harmonica Hinds) die Ideen zu, die Gitarren (außer Kreher ist noch Billy Flynn dabei) nehmen sie auf und alle haben einfach eine Party. Die Rhythmusgruppe besteht aus E.G. McDaniel am Bass und Kenny „Beedy Eyes“ Smith. Eben genau das, was an den alten Nummern von Muddy so großartig war, was ihn zum King of the Blues gemacht hat, das wurde fast magisch im Studio wieder erreicht.
Sieben der Songs stammen von Mud Morganfield. Und nur einer vom Vater. Und ehrlich: Lieder wie „Blues In My Shoes“ sind das eigentliche Highlight dieses mehr als überraschenden Albums. Persönlich, ehrlich und voller Herz.
Man merkt es dem Album an, das Morganfield seit Jahren nicht nur sein Bassspiel perfektioniert sondern auch Songwriting geübt hat. Auch wenn er erst nach dem Tod des Vaters wirklich ernsthaft dran gedacht hat, ins Musikgeschäft einzusteigen, so richtig durchgestartet ist er erst vor wenigen Jahren mit einem gefeierten Auftritt beim Chicago Blues Fest. Und jetzt ist er so weit, eines der besten Alben des Jahres 2012 vorzulegen. Sowas möchte ich mit mehr als 50 Jahren auch schaffen. Aber da muss ich wahrscheinlich wirklich noch lange üben…