Die Presseabteilung hat „Beautiful Scars“, das zweite Album des Projekts Lee Harvey Osmond, gleich mal unter dem Label „Blues“ angepriesen. Wer aber nach den heiligen zwölf Takten fahndet, wird vor lauter Recherchen ein düster-schönes Songwriteralbum verpassen.
Unter seinem eigentlichen Namen Tom Wilson wurde Sänger/Songwriter Tom Wilson bekannt in Bands wie den Cowboy Junkies oder den Skydiggers. Bei Lee Harvey Osmond hat et seine Lieder gemeinsam mit alten Kollegen geschrieben und gesungen. Und dabei kommt er zuweilen daher wie ein vom Leben hart mitgenommener Countrysänger, manchmal wie ein sanfter Balladensänger mit einer tiefen und einschmeichelnden Stimme oder auch wie ein angetrunkener Sänger in einer Southern Rock Band, die gerade irgendeine texanische Fernfahrerkneipe aufmischt.
Und genau diese Vielfalt (die auch musikalisch zwischen Rock, Americana, Psychedelic und etwas Blues zu hören ist) braucht es auch, um diese zumeist düsteren Erzählungen aus dem Leben zu transportieren.
Hier singt einer, der deutlich vom Leben gezeichnet ist, der aber den Kampf keinesfalls aufgegeben hat, ein Mann, der sich auch in seinen späten Jahren noch fit genug fühlt, der Welt trotzig entgegen zu treten. Oder singt er gar, wie ein Kollege vermutete, gar nicht von dieser Welt, sondern von einer ganz anderen, die eher in der Twilight Zone oder einem Film von David Lynch zu suchen wäre? Darüber sollte sich jeder selbst ein Urteil bilden.