Die erste Gitarre mit drei Jahren, der erste Unterricht mit sechs und schon vor dem Highschool-Abschluss der Vertrag als Profigitarrist: Josh Smith hatte eine Karriere hingelegt als Jugendlicher, wie sie immer mal wieder durch die Presse geht. Doch inzwischen ist er längst erwachsen und zeigt auf seinem aktuellen Album „Don’t Give Up On Me“ (CrossCut), dass er dennoch seine große Liebe zu Künstlern wie B.B. King, Albert King oder T-Bone Walker nicht verloren hat.
Wenn man die aktuellen Veröffentlichungen im Blues verfolgt, dann zeichnen sich im wesentlichen zwei Linien ab, wie man den Blues zeitgemäß fortentwickeln kann. Da sind einerseits die Musiker, die ihr Heil im Rock suchen – ob nun im traditionelleren Blues-/Hardrock wie Joe Bonamassa und seine Jünger oder im Garagen-/Indie-Bluesrock a la White Stripes, Black Keyes etc. Die Einladung zu Rockfestivals und Bikertreffen ist garantiert. Und längst nicht jeder lässt auf diesem Weg den Blues völlig verschwinden im Rockgewitter.
Und es gibt diejenigen, die den niemals wirklich verschwundenen Soulblues/Southern Soul als Fusion aus Blues, Gospel, Soul und Funk in die Gegenwart holen. Hier knüpft man auch an die Erfolge der klassischen Soul-/Funk-Bands im Gefolge der Dap-Kings oder auch von Retro-Soul-Künstlern wie Amy Winehouse an. Oder aber man orientiert sich an Musikern wie Robert Cray oder Bobby Blue Bland, die von sämtlichen Marketingentwicklungen unabhängig diesem Stil seit Jahrzehnten treu geblieben sind. Nur vorsichtig werden von jüngeren Künstlern hier auch Öffnungen etwa hin zum Hiphop (wie etwa bei Tweed Funk) vorgenommen. Gitarristen schlagen diesen Weg eher selten ein. So ist es mehr als eine kleine Überraschung, wenn man sich „Don’t Give Up On Me“ in den Player legt:
Jede Menge Streicher, eine fette Horn-Section (sogar mit Hornisten dabei), Hammond-Orgel, E-Piano – die volle großorchestrale Breitseite entfaltet sich schon in den ersten Titeln. Und die Songs passen da genau hinein: klagende Balladen, funkigere Attacken,… Dass dabei Erinnerungen an manche frühere Produktion von B.B. King aufkommen, ist kein Wunder. Oder auch an die Alben, die Little Milton mit Orchester für Stax gemacht hat. Un natürlich ist da auch die Gitarre – und da hören die Referenzen eigentlich auf: Josh Smith hört man sofort an, dass er in den letzten Jahrzehnten zwischen Rock und Hiphop eine Menge verschiedenster Musik gehört hat. Seine sechs Saiten scheiden und schreien zeitweise regelrecht durch das fette Orchester hindurch und machen klar, dass hier mehr gemacht wird als Wohlfühl-Musik für Fahrstühle und Nobel-Lounges. Auch als Sänger ist er mehr als ein Barsänger, den man leicht überhören kann. Hatte Jimmy Thackery über seinen Kollegen vor Jahren gesagt: „Josh muss nur noch dreimal das Herz gebrochen werden, dann ist er ein echtes Genie auf der Bluesgitarre.“, so kann man heute annehmen, dass das mittlerweile bestimmt zwei Mal passiert sein könnte.
Das ist Musik, wie sie seit Jahrzehnten eigentlich absolut rar geworden ist. Soulblues, Soul – Label ist egal. Das ist Musik, wie sie eigentlich mit dem Aufkommen von Disco ausgestorben ist. Nicht, weil sie nicht gut wäre. Nicht, weil die Leute sie nicht hören mochten. Nein: Eine solche Breitbandproduktion wurde irgendwann einfach zu teuer. Und wenn die Leute Blues sowieso eher selten kaufen: Wer bringt hier eigentlich den Mut auf, eine solche Produktion zu stemmen? Respekt an CrossCut Records für ein großartiges Album! Und natürlich an Josh Smith für eine der schönsten Soul-Blues-Aufnahmen 2012.