Dass politische Betroffenheit und das Spielen mitreißender Lieder zusammengehen, hat Dr. John mit seine Platte City That Care Forgot eindrücklich bewiesen. Damit setzt er erneut seiner durch den Hurrikan Katrina und das Versagen der Politiker so hart getroffenen Heimatstadt ein Denkmal.
Die Zeit für melancholische Rückblicke ist vorbei. Zumindest für Dr. John, dem umtriebigen Musiker aus New Orleans. Nach Katrina ist keine Möglichkeit mehr, sich mit den alten Standards in ein heiles Louisiana zurück zu träumen. Schon kurz nach der Katastrophe hatte Mac Rebenack mit einer Lower 911 genannten Band ein Benefizalbum eingespielt. Jetzt kommt mit "City That Care Forgot" ein akutelles Statement mit dieser Band zu seiner Heimatstadt und zu den Versäumnissen, die die Politik nach Katrina gemacht hat.
Der Funk groovt dezent auf dem Album, die Bläser setzen ihre Akzente, die Gastmusiker wie Eric Clapton oder Willie Nelson steuern ihre Dienste bei zu einem unaufgeregt klingenden Rhythm & Blues-Album. Doch textlich ist Schluss mit der Unaufgeregtheit: Politisch geht es zu – Verdächtige werden genannt, der größte Landraub seit Kolumbus wird angeklagt, ein politischer Systemwechsel eingefordert. Der Doktor droht an, den Verantworlichen jede Nacht im Traum zu erscheinen, er fordert eine zweite Chance für die Bewohner der Stadt und eine Rettung der Sumpfgebiete Louisianas.
Wäre das ein Album eines deutschen Liedermachers, wäre das Ergebnis wahrscheinlich bei all der Betroffenheit unhörbar. Doch zum Glück ist der Dr. so sehr ein Kind von New Orleans, dass selbst aus politischen Themen ein groovendes und zum Tanzen reizendes Stück Musik wird. Und der schwarze Humor des Sängers macht selbst wahlkampfverdächtige Lieder zu etwas, was in deutscher Sprache höchstens noch Georg Kreisler hinbekommen hat.
Autor Bluespfaffe