Billy the Kid stellt in den nächsten Wochen interessante (Rock-)Neuerscheinungen des Frühjahrs vor. Den Anfang macht Jeff Becks neues Album Emotion& Commotion.
Die gute Nachricht zuerst! Es gibt wieder Futter für die Ohren! Das letzte Jahr war für die von mir präferierte Musik eher sparsam – eine neue großartige Scheibe von Derek Trucks (Already Free), die John Henry-CD von Bonamassa, die DVD des Ronnie-Scott-Konzerts von Jeff Beck, das waren die Highlights. Erstaunliche Projekte wie Them Crooked Vulture (Dave Grohl von den Foo Fighters, Josh Homme und John Paul Jones, ehemaliger Bassist von Led Zeppelin) oder Chickenfoot (Sammy Hagar von Van Halen mit Joe Satriani und dem Drummer der Red Hot Chilli Peppers) waren interessant, besonders Chickenfoot hat eine wirklich tolle CD gemacht, aber ob diese Bands nur kurzfristig existieren werden oder doch über längere Zeit, bleibt abzuwarten.
Dieses Jahr nun gleich einige Scheiben, die interessant zu werden scheinen. Am überraschendsten ist wohl, dass eine neue CD von Jeff Beck erscheint, die erste seit Jahren mit neuem Material. Der Musiker Jeff Beck ist hier schon öfter besprochen worden, z.B. bei der Geschichte der Yardbirds bzw. in der Rezension der Live- DVD „Live at Ronnie Scotts“, so dass man sich längere Ausführungen hier sparen kann. Eines kann man dem Ausnahmegitarristen auf jeden Fall bescheinigen – er hat ein Talent, einer wirklichen Karriere aus dem Weg zu gehen. Gefeuert bei den Yardbirds, seine eigene, in den USA sehr erfolgreiche Jeff Beck Group mit Rod Stewart (voc) und Ronnie Wood (bass) aufgelöst. In der Urformation einer Led Zeppelin-Vorgängerversion, mit der er „Truth“ einspielte, nicht weitergemacht, 1975 bei den Rolling Stones abgesagt. Zwischenzeitlich ernährte ihn seine Autowerkstatt. Ansonsten ein problematischer Charakter, aber ein „musicians musician“, einer bei dessen Konzerten ein Großteil der Kollegen sich anhört, was möglich ist.
Nun also eine neue CD, Amazon liefert pünktlich, den Player angemacht und entspannt gelauscht. Dann die ersten Töne, Stratocaster über Marshall-Amp, mit Fingern gespielt, Vibratohebel benutzt, ganz klar Jeff Beck. Nur wenige Gitarristen erkennt man sofort am Ton. Leider schleicht sich dann sofort eine Streichersektion in den Titel, nein ein ganzes Orchester, wie uns das Booklet belehrt. Schon schlecht, für meinen Geschmack. Streicher gehören in den Pop. Mit ernsthafter Klassik hat der Einsatz von klassischen Orchestern eh nie etwas zu schaffen, innovative Klassik in Kombination mit Rock gibt es fast nie, Ausnahme wie die Kooperation von John Cale (ehemals Velvet Underground) mit dem Schönberg-Schüler John Cage sind da die absolute Ausnahme. Ansonsten ist es meist Kitsch, oder schlimmer noch, Ostrock-Klassik. Gott sei Dank ist Titel 1 vorbei, ein Hendrix-artiges Riff ertönt, dann kommen die Drums, ein richtiger Rock- Kracher, allerdings auch hier im Hintergrund das Orchester, eher Kaschmir-artig (wie der Led Zep-Titel!). Schon besser! Leider hält das Niveau nicht. Vielleicht zeichnen sich gerade große Künstler durch große Missgriffe aus? Das Album jedenfalls hält nicht das, was ich mir versprach. Titel 3 ein langsames Instrumental, wundervoller Bass (Tal Wilkenfeld), an den Drums Vinnie Colaiuta, da kann auch nichts schief gehen, sanfte Klänge, schöne Melodie, ein Song vom Keyborder Jason Rebello. Schlimm wird dann Titel 4, ein sog. Klassiker des American Songbook, „Over the Rainbow“, eine Schnulze, die einst Judy Garland sang. Sicher schön gespielt, das Orchester schluchzt und ich frage mich ernsthaft, ob das jetzt Andre Rieu ist. Zu meiner Erleichterung kommt dann ein Titel, den Joss Stone singt, „I put a Spell on You“, Hammer was die Frau singen kann! Schon auf der Ronnie-Scotts-DVD war der Titel mit Joss Stone für mich der Song des Jahres, dieser hier ist mindestens genauso gut, da stimmt alles, Stimme, Gitarre, Band. Am Bass Pino Palladino (The Who). Leider hält die Scheibe das Niveau nicht. Titel 6 wird von Olivia Safe gesungen, das heißt es eine Frauenstimme ist dezent in den Hintergrund gemischt, Tal Wilkenfeld fantastisch am Bass, im Hintergrund säuselt das Orchester. Dann Imelda May, stimmlich eine Mischung aus Kate Bush und Kari Bremnes , die auch schon mit auf der Live- DVD war, tolle und interessante Sängerin. Aber das schlimmste liegt noch vor uns, der Meister intoniert Nessun Dorma von Puccini, der Song, mit dem der hässliche Handyverkäufer Paul Potts (oder so ähnlich) in der Show „Britains got Talent“ gewann und den die Telekom dann für Werbezwecke benutzte. Furchtbar. Dann wird uns in Form eines Songs mit Joss Stone doch noch Gnade gewährt, zu meinem Erstaunen wird der Song irgendwie unschön ausgeblendet, gerade als man ein Outro-Solo erwartet. Das Ende der CD dann wieder unterirdisch.
Insgesamt ist die CD ein Abbild der Karriere Jeff Becks´, seiner wirklich erstaunlichen Virtuosität, aber auch seinem Talent, zwischen allen Stühlen zu sitzen. Richtig gut sind die Songs mit Joss Stone und Imelda May, der Rest ist einfach Schrott, Sorry, Jeff. Dem geneigten Leser sei empfohlen, sich diese 3 Songs als Download zu besorgen, das andere kann man getrost vergessen. Wie schade! So ein Musiker, und so eine Platte. Ach so, die Platte heißt „Emotion& Commotion“, man erkennt sie sehr leicht an dem überaus klischeehaftem Cover (Adler mit Gitarre- oder sollte das ein Pleitegeier sein…?)