Er mag es, wenn man ihn als “Orson Welles des Blues” bezeichnet. Doch ebenso wichtig sind bei Songwriter und Gitarrist Jason Vivone literarische Vergleiche, schafft er es doch, in seinen Songs Geschichten erzählen, die mal nach Shakespeare klingen, mal die große Tradition amerikanischer Humoristen zitieren. Mit seinen Billy Bats hat er jetzt das zweite Album veröffentlicht.
Lecker: Dynamit mit ordentlich Senf drauf! Das Cover gibt einem schon mal einen Vorgeschmack darauf, was einen auf “Eddie Ate Dynamite” erwartet: Blues mit jeder Menge schrägem Humor. Der Titelsong etwa schildert den nicht sehr hellen Eddie, der nach dem Verspeisen von Dynamit auch noch nach einem Streichholz fragt. Entstanden ist diese absurde Story aber aus dem Titel. Denn Eddie Ate Dynamite (Good Bye Eddie) ist die amerikanische Eselsbrücke, mit der man sich die Stimmung der einzelnen Gitarrensaiten merkt.
Bei “Methinks the Lady Doth Protest Too Much” bringt er das Kunststück fertig, einen feinen Slow-Blues mit der Sprache Shakespeares zu singen. Auch wenn er diese seiner Freundin in den Mund legt: “She cried ‘A horse, a horse, my kingdom for a horse’ when her pale blue Honda ran off course”.
Wer jetzt meinen sollte, das Album wäre mehr was für die Comedy-Fraktion und hätte mit Blues nichts zu tun, der irrt sich gewaltig. Vom swingenden Opener „Cut Those Apron Strings“ über den funkigen New-Orleans-Groove von „Where Did The Day Go“ bis zur gospelartigen Ballade „I Can Never Say Goodbye“ ist das feinster Blues und Rhythm & Blues. Vivone und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter lieben die klassischen Sounds zwischen Louis Jordan und Jimmy Reed (oder alles aus der Zeit vor der Digitalisierung).
Und es gibt natürlich auch ernste Themen, die hier verhandelt werden. „Mean“ etwa ist eine Story über häusliche Gewalt und die Ausreden, die Opfer und Täter immer wieder dafür suchen. „Analog“ ist ein Loblied auf das Knistern und Knacken alter Bluesplatten. Jason Vivone bedauert die Leute, die Jimmy Reed erst auf CD entdecken und ist der Meinung, dass sein Gehirn eigentlich komplett analog funktioniert.
Und dann gibt es natürlich noch „The Blues & The Greys“, das den Vergleich mit Orsen Wells verständlich macht. Das ist eine Blues-Oper über die Landung von Aliens vor dem Weißen Haus. Das Hören von Bluessendern hatte sie angelockt. Ob das nun eher Wells‘ „Krieg der Welten“ oder Ed Woods „Plan 9 from Outer Space“ ist, mag jeder selbst entscheiden. Auf jeden Fall ist das ein großartiger musikalischer Spaß mit absolutem Seltenheitswert.
Wer Spaß an humorvoller Musik und an klassichen Bluessounds hat, sollte hier unbedingt reinhören. Humorlose Menschen sollten aber vorher ihren Arzt konsultieren.